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18 September 2018 | Oberflächen POLYSURFACES 02/2018 | Reinigung

Abstimmung von Chemie, Verfahren und Technik

Stabile Bauteilsauberkeit in der gesamten Prozesskette: Dieses Ziel können Unternehmen nur mit abgestimmten Lösungen für Chemie, Verfahren und Technik erreichen. Strenge Reinheitsanforderungen verursachen hohe Extrakosten. Deshalb sollten Dienstleister und Kunde gemeinsam passende Standards für eine hinreichende Bauteilsauberkeit festlegen.
Bei der Fertigung von Bauteilen – wie zum Beispiel von Motorblöcken, Gehäuseteilen oder kompakten Einspritzsystemen – müssen Komponenten zwischen einzelnen Bearbeitungsschritten wie umformen, stanzen, drehen oder fräsen gereinigt werden, um eine optimale Qualität des Endprodukts zu gewährleisten. In der Präzisions- und Feinstreinigung sind die Vorgaben hinsichtlich des Restschmutzes besonders streng, denn bereits geringste Verunreinigungen können zum Ausfall eines Bauteils führen.
Ziel ist es jedoch trotzdem nicht, so sauber wie möglich zu reinigen. Vielmehr geht es darum, den Reinigungsgrad des Bauteils an die Vorgaben für den nächsten Prozessschritt anzupassen. Im gesamten Prozess sollte eine stabile und hinreichende Bauteilsauberkeit erreicht werden. Diese Herausforderung können Unternehmen nur meistern, indem sie Reinigungsmedien, Anlagen und Aufbereitung, Mess- und Prüftechnik sowie das Verpackungskonzept sorgsam aufeinander abstimmen.
 
Aufbau eines Partikelfilters für die Fein- und Feinstreinigung. (Bilder: Mahle Industriefiltration)
 

 
Reiniger, Filtertechnik und Tenside
Bei der Wahl des passenden Mediums für die wässrige Reinigung sollten nicht nur das zu säubernde Grundmaterial und die zu entfernende Verschmutzung bekannt sein. Auch das Verfahren wie Anlagentechnik, Aufbereitungsmethode und Prozessüberwachung spielt bei der Entscheidung eine wichtige Rolle.
Während Leicht- und Buntmetalle neutral, mild alkalisch oder sauer behandelt werden, wählt man für Stahl, Edelstahl und Magnesium eher alkalische bis hoch alkalische Medien aus. Je alkalischer der Reiniger ist, desto wichtiger ist auch die Spültechnik: Alkalische Reiniger sind schwieriger abzuspülen als neutrale oder saure, die Spülintensität muss somit an den Reiniger angepasst werden.
Für die geforderte Partikelfeinheit spielt die Filtertechnik eine wichtige Rolle. Eine Partikelfeinstfiltration bis zu 1 µm kann beispielsweise mit hocheffizienten, plissierten Kerzenfiltern mit mehrschichtigem Filteraufbau realisiert werden. Zur Entfernung von Öl- und Kühlschmieremulsionen und feinstem Partikelschmutz kommen Ultra- oder Mikrofiltrationen mit Porengrössen von 0,05 bis 0,2 µm zum Einsatz.
Während des Filterns werden nicht nur Verunreinigungen entfernt, sondern auch Tenside als Bestandteil wässriger Reiniger. Speziell Spritztenside können an eine Filteroberfläche adsorbiert werden. Zudem kommt es vor, dass sie eine Mikro- oder Ultrafiltrationsmembran nicht oder nicht vollständig passieren. Der Grund ist ihr Trübungspunkt, das heisst, die Temperatur, ab der ein Spritztensid schaumfrei arbeitet. Unterhalb dieses Punktes sind die Tenside klar gelöst und permeieren gut, oberhalb dagegen liegen sie in feinsten Tröpfchen vor. Die Membran unterscheidet nicht zwischen feinsten Öl- oder Tensidtröpfchen, so dass neben dem Öl auch Tenside aus dem Reinigungsmedium entfernt werden. Die Reinigungsleistung sinkt, während die Grundreinigerbestandteile wie Lauge und Phosphate die Membran nahezu vollständig passieren. Zudem binden sich Tenside an das eingetragene Öl, wobei dies eher bei Spritz- als bei Tauchtensiden der Fall ist.
 
Tensidbestimmung mittels Blasendrucktensiometrie. (Bilder: SITA Messtechnik)
 
 

Modulare Reiniger
Um die Reinigungsleistung konstant zu halten, ist der Einsatz modularer Reiniger die beste Lösung. Der Vorteil: Bereits verbrauchte Komponenten können bei Bedarf nachdosiert werden. Moderne Mehrkomponentenreiniger, wie sie etwa SurTec anbietet, sind vollständig analysierbar und zudem recyclingfähig. So erfüllen sie die Anforderungen an eine nachhaltige Bauteilereinigung.
Inzwischen gibt es viele Methoden, um Grundreiniger (Builder) und Tensid separat zu analysieren. Dazu zählen Titration, Leitfähigkeitsmessung, photometrische Phosphatbestimmung beim Einsatz eines phosphathaltigen Reinigers, die Messung der Schallgeschwindigkeit (Builder) sowie die Photometrie und die Blasendrucktensiometrie (Tenside).
Zusätzlich lassen sich Verunreinigungen im Bad sowie die Spülbadqualität überwachen. Öl- oder emulsionsartige Verschmutzungen erfasst man beispielsweise mit Fluoreszenz und bestimmt damit Filtrations- oder auch Neuansatzintervalle. Der Vorteil: Es wird nicht mehr «aus dem Bauch heraus» gewechselt, was die Qualität sichert und Kosten spart.
 
Beispiel einer Messkurve für die Tensidmessung mittels Blasendrucktensiometrie. (Bild: SurTec)
 
 

Anlagendesign, Aufbereitung und Verpackung
Ebenso wichtig wie die Wahl des passenden Reinigers ist das Anlagenkonzept: Runde Reinigungs- und Vorratsbehälter oder Einbauten wie etwa Bleche verhindern, dass sich bereits entfernte Partikel erneut auf dem gereinigten Bauteil ansammeln. Die Trocknungsluft sollte gefiltert werden, alternativ ist das Eindringen von Umgebungsluft durch Überdruck zu vermeiden. Verglichen mit Standardanwendungen sind die Chargenmengen der Teile häufig niedriger, die Taktzeiten hingegen länger.
Um die Ware so sauber wie möglich in die Feinstreinigung zu geben, wird sie oft vorgereinigt. Standardreinigungskörbe sind oft ungeeignet. Stattdessen sorgen Sonderausführungen wie Werkstückträger für den ungehinderten Zugang des Ultraschalls oder die bestmögliche Durchflutung. Zudem gilt «eben mal was anderes durchfahren geht nicht»: Die Anlage kann nicht mehr für andere Zwecke genutzt werden. Nach der Reinigung sind die Teile über einen Tunnel direkt in eine Sauberzone, bei höchsten Sauberkeitsanforderungen in einen Reinraum zu verbringen.
Abschliessend müssen beim Verpacken besondere Standards beachtet werden: Polybeutel in den Sauberkeitsstufen «Pharma» und «Reinraum» sind teuer. Zudem erschweren sie eine automatische Montage und wären in unterschiedlichen Rückführsystemen zu entsorgen. Besser ist es deshalb, Kleinladungsträger (KLTs) nach einer speziellen Reinigung für die Verpackung zu verwenden. Genau wie bei der Bauteilreinigung selbst sind Verschmutzung, Sauberkeitsanforderungen, Anlagen- und Filtrationstechnik sowie Handling sorgfältig aufeinander abzustimmen.
 
Überwachung der Badverunreinigung durch Fluoreszensmessung mit dem SITA-Messgerät «Conspector». (Bild: SITA Messtechnik)
 
 

Extrakosten, Abstimmung mit dem Kunden
Zusatzmassnahmen wie spezielles Anlagendesign, kleine Chargenmengen, längere Taktzeiten, die Einrichtung von Sauber- oder Reinräumen und regelmässige Personalschulungen verursachen vergleichsweise hohe Investitions- und Betriebskosten: Je nach Sauberkeitsanforderungen müssen Unternehmen – verglichen mit dem Standard – mit bis zu doppelten Beschaffungskosten für eine Anlage rechnen. Betrachtet man die Investitionskosten einschliesslich aller Zusatzmassnahmen im operativen Betrieb, erreichen die Gesamtkosten den Faktor 10 bis 20.
Es empfiehlt sich deshalb, die Kostenentwicklung in Abhängigkeit von den Reinheitsanforderungen mit dem Kunden zu besprechen. Denn so werden Kunden keine unnötig strengen Standards vorgeben. Bei sehr hohen Sauberkeitsanforderungen stellt sich die Frage, inwieweit eine Kostenbeteiligung des Kunden erreicht werden kann. Zudem sollte die Methode der Sauberkeitskontrolle unbedingt abgestimmt sein: So kann eine Reinigungsanlage, die im Spritzen oder mit Druckumfluten betrieben wird, nicht unbedingt die Forderung einer Restschmutzuntersuchung mit Ultraschall erfüllen.
 
Fazit
Noch mehr als in anderen Bereichen der industriellen Bauteilreinigung kommt es in der Fein- und Feinstreinigung auf eine qualitätssichernde Prozessführung sowie eine hinreichende, stabile Bauteilsauberkeit an. Das Betrachten der gesamten Prozesskette sowie Kenntnisse und Abstimmung von Chemie, Verfahren und Prüftechnik sind zum Erreichen dieses Ziels unerlässlich. Dienstleister und Kunde sollten besonders eng zusammenarbeiten: Dies betrifft gerade das Offenlegen hoher Extrakosten für Sondermassnahmen wie eine spezielle Anlagentechnik, die durch sehr strenge Reinheitsanforderungen entstehen. Wenn Kunden diesen Zusammenhang kennen, werden sie keine unnötig hohen Standards vorgeben. Auch die Methode der Restschmutzuntersuchung sollte man unbedingt gemeinsam festlegen.
 
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