Abonnements
zur Bereicherung
23 April 2013 | Oberflächen POLYSURFACES 06/2012 | Usinage de surface

Alles im Griff

Buchstäblich alles im Griff oder jedem Bauherrn seine Türschlösser, jedem Schloss seinen Griff und zu jedem Griff die passende Rosette: was sich zunächst ein bisschen kryptisch anhören mag, stellt für FSB Franz Schneider Brakel GmbH + Co. KG, D-33034 Brakel, sozusagen das tägliche Brot dar. Was einerseits zwar stimmt und andererseits doch wieder nicht ganz richtig ist, denn das mittelständische Unternehmen befasst sich als Spezialist für die Entwicklung und Herstellung sowie den Vertrieb von Beschlägen für Fenster und Türen nicht nur mit dem Mengengeschäft, sondern auch mit individuell konfektionierten Designlösungen.
 

Für das Handling in der Zelle 1 (Kerbmaschine) ist der Roboter «KR5 sixx» zuständig; links das Visionsystem für die Lageorientierung der Rosette.
 

Das Unternehmen beschäftigt in vier Betrieben in Deutschland über 550 Mitarbeiter, die für eine breite Produktpalette zuständig sind, die von Fenster- und Türbeschlägen für den Objekt- und Wohnungsbau über barrierefreie Lösungen im Sanitärbereich bis hin zur elektronischen Zutrittskontrolle mittels Transpondertechnik oder per biometrischen Systemen in Form von Türgriffen mit Sensoren reicht. Dass es sich bei Schlössern und damit auch bei Türbeschlägen und eben Rosetten keineswegs um banale Produkte mit einem selbstverständlich hohen Gebrauchswert handelt, sondern dass es dabei durchaus auf «griffiges Design mit hoher Funktionalität und bester handwerklicher Qualität» ankommt, wird spätestens dann deutlich, wenn sich das alte Billigschloss einer Tür nach der dritten Betätigung zerlegt und von einem funktionierenden Schliessmechanismus nicht mehr die Rede sein kann.
 

Übernahme von Paletten mit Stapeln zu zehn Rosetten in die Zelle 2 (Schleif- und Scotchmaschine zum Aussenschleifen).
 

Roboter werden maximal ausgenützt
Das Unternehmen setzt voll auf die hoch automatisierte und damit sowohl qualitätsorientierte als auch wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland. Im Klartext bedeutet dies: für die Fertigung von Beschlagsystemen einschliesslich Türdrückern und Rosetten aus Aluminium, Edelstahl und Bronze sowie Messing die entsprechenden Fertigungskapazitäten vorzuhalten. Zumal es zwar Katalogprodukte gibt, diese jedoch wie die weitergehend erhältlichen Abwandlungen und Sonderlösungen stets auftragsgesteuert hergestellt werden. Dafür hat FSB die gesamte Prozesskette im Griff, nämlich ab dem Giessen oder Umformen von Rohlingen über deren mechanische Präzisionsbearbeitung, das Oberflächenfinish durch Schleifen und Polieren sowie die abschliessende Oberflächenbehandlung durch Lackieren oder Eloxieren.
Wie bereits angedeutet, setzt das Unternehmen dabei auf einen guten Mix aus hohem Automatisierungsgrad und qualifizierten Fachkräften. Dabei wird an einem vermeintlich einfachen Türbeschlagbestandteil wie der Rosette bald ersichtlich, dass es schon eines gewissen material- und fertigungstechnischen Aufwands bedarf, um solche Teile nicht nur rationell, sondern auch qualitativ und wirtschaftlich herstellen zu können. Ein sehr wichtiger Partner ist hier die SHL Automatisierungstechnik AG, der Spezialist für hochproduktive und hochflexible Roboterlösungen zum Schleifen und Polieren sowie für das integrierte Handling. Dazu sagte Alexander Flakowski, Betriebsleiter bei FSB in Brakel: «Wir arbeiten seit über 20 Jahren sehr erfolgreich mit SHL zusammen und haben heute mehr als 40 Robotersysteme im Einsatz. Am Beginn stand damals die Realisierung einer Roboter-Schleif- und -Polieranlage für Türdrücker aus Aluminium. Das jüngste Projekt ist eine voll integrierte aber dezentral organisierte Ausdreh-, Kerb-, Schleif- und Polieranlage für Edelstahlrosetten. Mit dieser Roboteranlage stellen wir ab dem umgeformten Rohteil aus Coilmaterial Rosetten für die auftragsgesteuerte Chargenfertigung von Serienbeschlägen und für Sonderlösungen her. Jedes Schloss und jeder Türdrücker hat an beiden Seiten eine Rosette, und aktuell gibt es allein neun Varianten an Edelstahlrosetten, weshalb von Grund auf eine gewisse Anwendungs- und Nutzungsflexibilität gegeben sein musste.»
 Nachdem bereits eine verkettete Fertigung für die Bearbeitung von Aluminiumrosetten seit Jahren erfolgreich im Einsatz ist, wagte man sich an die Roboterzelle für Edelstahlrosetten. Hier kam erschwerend hinzu, dass die umgeformten Rosetten zusätzlich innen auszudrehen und präzise mit einer Kerbe zu versehen sind. Deshalb musste eine Dreh- und eine Kerbmaschine integriert werden. Willi Tillinger, SHL-Vertrieb, führte dazu aus: «FSB nutzt die Robotertechnik bezüglich Leistung und Lebensdauer maximal aus, so dass unsere Roboter hier letztlich immer drei Leben haben, nämlich eines in der Anlage I, eines in der Folgeanlage II und ein weiteres in der dritten Anlage.»
 

Blick in die Zelle 3 (Flachschleif- und Scotchmaschine zum Schleifen der Oberseite) mit der wechselseitig ein- und ausfahrenden Mehrfach-Aufnahmepalette sowie dem.
 

Vier Roboter organisieren «interdisziplinär» die Rosettenbearbeitung
Die Produktionszelle für die Dreh-, Kerb-, Schleif- und in diesem Fall für eine Scotch-Bearbeitung ist aufgeteilt in vier Funktionseinheiten, die autark arbeiten können. Vier Roboter organisieren hier das komplette Teilehandling. Die vier Produktionseinheiten sind: die Kerbmaschine zum Setzen der Kerbe, eine Schleifzelle zum Schleifen und Scotchen aussen, eine Schleifzelle zum Flachschleifen und Scotchen auf der Oberseite sowie eine Palettierzelle zum Stapeln der Fertigteile. Am Beginn des Bearbeitungsablaufs befindet sich die Drehmaschine zum Innenausdrehen. Von dort gelangen die Rosetten über ein Förderband in den Bereich der Kerbmaschine.
Das Setzen der Kerbe muss lagerichtig zur asymmetrischen Lochung der Rosette erfolgen, weshalb an einer Vereinzelungsstation per Visionsystem die Position jeder einzelnen Rosette erfasst und diese dann mittels dem drehbaren Robotergreifer in die Arbeitsposition gedreht und abgelegt wird. Nach dem Setzen der Kerbe erfolgt das Stapeln zu je zehn Stück auf einer Palette. Der Roboter übergibt die Paletten dann an die Schleifzelle, in der sukzessive zuerst die äussere Schleif- und dann die Scotchbearbeitung stattfindet. Danach gelangen die Stapelmagazine beziehungweise Paletten in die Schleifzelle zum ebenfalls sukzessiven Flachschleifen und Scotchen. Die abgestapelten und nun fertigen Rosetten werden schliesslich über ein Förderband in den Bereich der Palettierzelle transportiert. Dort findet das Entladen des Förderbandes und abschliessend das flächige Palettieren der fertig bearbeiteten Rosetten in Kunststoffboxen mit Zwischenlagen statt.
In der Zelle 1 (Kerbmaschine) ist ein Kuka-Roboter «KR5 sixx» für das Vereinzeln, die Lageorientierung, die Bestückung der Maschine, die Entnahme des gekerbten Teils sowie für die Stapelmagazinierung beziehungsweise -palettierung zuständig. In der Zelle 2 (Schleifen und Scotchen aussen) organisiert ein Kuka-Roboter KR16 das Handling einschliesslich das Führen der Rosetten an zwei SHL-Freiband- und Kontaktrollen-Schleifmaschinen vom Typ FKS 250/450 ROB. In der Zelle 3 (Flachschleifen und Scotchen der Oberseite) nimmt ein weiterer Roboter KR16 das Teilehandling vor, in dem er die Rosetten einzeln ab Stapel entnimmt und in eine Mehrfach-Werkstückaufnahme einlegt. Diese fährt nach dem Befüllen in die SHL-Flachschleif- und Scotchmaschine Typ DFSM 2150/450 ROB ein. Der Roboter nimmt von der wechselseitig ausfahrenden Mehrfach-Werkstückaufnahme die fertig geschliffenen und gescotchten Rosetten auf und übergibt sie an das Fördersystem zur Versorgung der Zelle 4 (Palettierzelle). Hier ist ein Roboter KR16 damit beschäftigt, die fertigen Rosetten vom Förderband zu entnehmen und in Kunststoffboxen einzulegen. Zudem handhabt er auch Zwischenlagen, weshalb er mit einem Vakuumdoppelgreifer für Rosetten und Zwischenlagen ausgerüstet ist.
 

In Zelle 4 (Palettiereinheit) erfolgt das Handling von fertigen Rosetten und Zwischenlagen in Kunststoffboxen mittels Roboter mit Vakuumdoppelgreifer.

 
 

Durch Automatisierung konkurrenzfähige Fertigung
Die gesamte Anlage wurde von SHL in enger Zusammenarbeit mit FSB ausgelegt und als schlüsselfertige Einheit installiert. In diesem Fall kamen drei als Vorführgeräte vorhandene 6-Achsen-Industrieroboter KR16 zur Verwendung, während es sich beim kleinen Roboter «KR5 sixx» um ein Neugerät handelte. Dadurch war unter anderem eine schnellere Anlagenrealisierung möglich. Da sich die Roboter als universell nutzbare «Basismaschinen» darstellen, die erst durch Greifer oder Werkzeuge und Arbeitsprogramme ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden, ist es im Übrigen unerheblich, wo und wann sie weshalb zum Einsatz kommen. Dies sehen auch Alexander Flakowski und seine Kollegen so: «Wir haben die Produktionszelle für den vollautomatischen Dreischichtbetrieb ausgelegt und können trotzdem sehr auftragsflexibel agieren. Typen- und Loswechsel stellen wegen der Unterstützung mit dem Visionsystem zum Kerben sowie der reproduzierbar hohen Genauigkeit der automatisierten Abläufe keine Probleme mehr dar. Diese Anlagen mit ihrem hohen Automatisierungs- und Integrationsgrad werden bei uns von nur einem jedoch entsprechend gut ausgebildeten und damit qualifizierten Bediener, der zugleich auch für den Materialumschlag verantwortlich ist, betreut. Mit Hilfe von SHL und den mittlerweile rund 40 Robotern haben wir die Produktion unserer Beschlagteile voll im Griff.»
 
SHL Automatisierungstechnik AG
Spaichinger Weg 14
D-78583 Böttingen
Tel. +49 7429 930 40
Fax +49 7429 930 450
info@shl-automatisierung.de
www.shl-automatisierung.de