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01 Juni 2012 | Oberflächen POLYSURFACES 03/2012 | Galvanotechnik

Alternativen zu Galvanisch Nickel

Dr. Klaus Leyendecker

Nickel ist eines der beliebtesten und am meisten eingesetzten Metalle in der Galvanotechnik. Galvaniseure mögen Nickelelektrolyte aus folgenden Gründen:
  • Einfache Elektrolytführung
  • Abscheidung möglich in Gestell-, Trommel- und Bandanlagen
  • Abscheidungsmechanismus wird gut «verstanden» und ist kontrollierbar
  • Einfache Analytik
  • Kann auch von weniger qualifiziertem Personal betrieben werden
  • Geringe Betriebskosten
 
Zudem haben Nickelschichten Oberflächeneigenschaften oder können Oberflächeneigenschaften erzeugen, die ein breites Spektrum an Anforderungen an eine Metalloberfläche erfüllen. Beispiele sind in Tabelle 1 aufgeführt.
 

Tabelle 1: Eigenschaften von Nickelschichten.
 
All dies macht die galvanische Nickelabscheidung zu einem Standardverfahren in der Galvanotechnik, das eine gute Beschichtungsqualität garantiert. Nickel hat aber auch Eigenschaften, die in vielen Fällen unerwünscht sind.
 
Störende Eigenschaften von Nickelschichten
Magnetisch
Nickel hat nachteilige Auswirkungen beim Einsatz für Stecker (Bild 1) und Bekleidungszubehör (Bild 2). Dort werden diamagnetische Materialien gefordert.
Der Einsatz von magnetischen Materialen wie Nickel für Stecker führt bei hohen Frequenzen zu einer Intermodulationsverzerrung. Bekleidung wird nach der Herstellung mit einem magnetischen Detektor geprüft, um abgebrochene Nadeln zu finden. Vernickeltes Zubehör führt zu Fehlalarmen. Daher sollten Accessoires wie Knöpfe, Reissverschlüsse und Nieten nicht mit Nickel beschichtet sein.
 
Bild 1: HF-Stecker.

 

Bild 2: Bekleidungszubehör.
 
Allergie auslösend
Ein längerer Kontakt mit Haut oder Schleimhäuten kann eine Nickelsensibilisierung verursachen und zu einer Kontaktallergie vom Typ 4 führen (Bild 3). Bis zu 20% der westlichen Bevölkerung sind sensibilisiert. Aus diesem Grund ist der Einsatz von Nickel in Gegenständen, die mit der Haut in Kontakt kommen, in der EU und anderen Ländern eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund ist es geplant, zum Schutz der Verbraucher Nickel in Trinkwasser zu begrenzen.
 

Bild 3: Typisches Aussehen der Haut nach einem Kontakt mit Nickel (Quelle: www.hautarzt-hoerner.at).
 
Die Hersteller von Mobiltelefonen sind sich ebenfalls des Themas Nickelallergie bewusst geworden. Deshalb haben die meisten den Einsatz von Nickel auf Aussenteilen entweder eingeschränkt oder vollständig verboten.
 
Toxisch, krebserregend
Nickelsalze (z. B. Nickelsulfat, Nickel(II)-Chlorid) sind seit einiger Zeit als krebserregend eingestuft (Carc. Cat. 1; R49). Es ist zu erwarten, dass dies zu Einschränkungen hinsichtlich des Einsatzes von Nickelsalzen in der Galvanotechnik führt. Sogar metallisches Nickel ist als giftig eingestuft (Carc. Cat. 3; R40; T; R48/23, R43). Weitere Informationen sind zum Beispiel unter http://esis.jrc.ec.europa.eu/index.php?PGM=cla zu finden.
 
Die Aufgabe und mögliche Lösungen
Nickel ist für viele Anwendungen in der Galvanotechnik nicht die richtige Wahl oder ist sogar verboten. Dies gilt nicht nur für die Endschicht, sondern auch für Zwischenschichten oder sogar das Grundmaterial. Die Herausforderung in der Galvanotechnik besteht darin, eine geeignete Alternative zu Nickelbeschichtungen zu finden.
Eine mögliche Alternative wären Kobaltschichten. Kobalt hat ähnliche Eigenschaften wie Nickel. Dies funktioniert vielleicht in manchen Fällen, Kobalt ist jedoch genauso magnetisch wie Nickel. Zudem verursacht Kobalt die gleiche Art von Kontaktallergie wie Nickel.
Eine andere Alternative als Ersatz für Nickel ist Zinn. Aufgrund der geringen Härte sowie der niedrigen Abrieb- und Korrosionsbeständigkeit sind jedoch dessen Einsatzmöglichkeiten begrenzt. Zudem unterscheidet sich die Farbe, wenn Zinn als Endschicht eingesetzt wird. Weitere Beispiele sind in Tabelle 2 zu finden.

Tabelle 2: Alternativen zu Nickel.

 
Die Praxis hat gezeigt, dass es nur wenige vernünftige Alternativen gibt: Nickel kann nur durch eine alternative Metallschicht wie Palladium oder Weissbronze (Kupfer-Zinn- oder Kupfer-Zinn-Zink-Legierung) ersetzt werden. Diese Alternativen können entweder die Endschicht oder Zwischenschichten sein. Von Nachteil ist einerseits der Palladiumpreis und andererseits die diffizilere Handhabung der Bronzeelektrolyte. Beide Alternativen decken jedoch das Eigenschaftsspektrum von Nickel, wie Härte, Abrieb- und Korrosionsbeständigkeit usw., am ehesten ab. Typische Schichtfolgen sind:
  • Grundmaterial + Kupfer + Palladium
  • Grundmaterial + Kupfer + Weissbronze
  • Grundmaterial + Kupfer + Palladium + Gold oder beliebige Weiterbeschichtung
  • Grundmaterial + Kupfer + Weissbronze + Gold oder beliebige Weiterbeschichtung
 
Die zweite Möglichkeit wäre, Nickel durch zwei Schichten zu ersetzen. Dies kann erforderlich sein, wenn die Oberfläche zur Erzielung einer speziellen Oberflächenbeschaffenheit verändert werden muss, zum Beispiel stark eingeebnet oder matt. Weder Palladium noch Weissbronze können dies direkt erreichen. In diesem Fall werden Palladium- oder Weissbronzeschichten mit zum Beispiel einer Glanzkupferschicht aus einem sauren Elektrolyten kombiniert. Typische Schichtfolgen sind hier:
  • Grundmaterial + Kupfer (Vorkupfer) + Kupfer (sauer) + Palladium
  • Grundmaterial + Kupfer (Vorkupfer) + Kupfer (sauer) + Weissbronze
  • Dito + weitere Schichten wie Gold, Silber, Ruthenium, Chrom usw.
 
Um Nickel zu ersetzen, muss das Verfahren unter Berücksichtigung von Eigenschaften, Preis, Einsatz anderer giftiger Komponenten und Qualifikation der Mitarbeiter sorgfältig ausgesucht werden. Dies kann eine ähnliche Herausforderung sein wie der Ersatz von Blei in der Elektronikindustrie oder von Chrom (6+) im Korrosionsschutz.
 
Ausblick
Immer mehr Elemente und Verbindungen werden auf die «Schwarze Liste» gesetzt und entweder verboten, oder ihr Einsatz wird eingeschränkt. Dies gilt sowohl für Blei, Quecksilber und Kadmium als auch für Verbindungen wie Chromsäure. Nickel wird bereits seit Jahren in gleicher Weise betrachtet. Inzwischen werden die Vorschriften aber immer strenger und werden auf immer mehr Bereiche des täglichen Lebens ausgeweitet. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft verschiedene Industriezweige zunehmend «nickelfreie» Produkte verlangen.
In den meisten Fällen ist ein direkter Ersatz von Nickel möglich. Andere Anwendungen erfordern jedoch Schichtkombinationen oder auch ganz neue Lösungen. Die künftige Herausforderung wird es sein, geeignete Alternativen und Verfahren für jeden Einzelfall zu finden.


Dr. Klaus Leyendecker
Bereichsleiter der Abteilung Nichtedelmetall
verantwortlich für Produkte der Nichtedelmetall-Galvanotechnik
Umicore Galvanotechnik GmbH
D-73525 Schwäbisch Gmünd
www.umicore-galvano.com
O&S, Stuttgart
Halle 9, Stand B32
 
CH-Vertretung:
Riag Oberflächentechnik AG
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