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01 Juli 2021 | Oberflächen POLYSURFACES 04/2020 | Industrie

Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Klaus Vollrath

Bei zahlreichen industriellen Fertigungsprozessen werden Druckverfahren eingesetzt. Die Anwendungen reichen von der Beschriftung von Produkten und Verpackungen über die dekorative Farbgebung bis zur fälschungssicheren Herkunftskennzeichnung. Bedruckt werden nicht nur ebene Flächen, sondern auch komplex geformte dreidimensionale Objekte. Zum Einsatz kommen neben der grossen Bandbreite klassischer Drucktechniken auch Sonderverfahren wie Lasermarkierung, Tampondruck, Lithographie oder Digitaldruck.

Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Die Uhrenindustrie gehört zu den Branchen mit den höchsten Anforderungen an die Druckqualität. (Bild: Compar AG)

«Wir haben eine völlig neue, vom Anwender selbst frei konfigurierbare Softwarelösung für die kameragestützte automatische Qualitätskontrolle von bedruckten Industrieprodukten entwickelt», weiss Roman Haller, Projektleiter bei der Compar AG. Das Engineering-Unternehmen ist seit fast 35 Jahren auf dem Gebiet der industriellen Bildverarbeitung tätig und arbeitet für zahlreiche namhafte Industriekunden im In- und Ausland. Bedient werden so gut wie alle Hightechbranchen wie Pharma- und Medizintechnik, die Uhrenherstellung oder die Automobil- und Elektronikindustrie, aber auch Hersteller von Spielwaren.

Ein Sprung weit über die bisherigen Spezialprodukte hinaus

Gestützt auf das Know-how aus der Entwicklung zahlloser kompletter Qualitätskontrollsysteme für alle möglichen Druckverfahren und Produkte hat das Unternehmen mit dem «VISIONexpert»-Tool «Optical Print Inspection» nun ein Softwarepaket mit nahezu universellen Einsatzmöglichkeiten fertigstellen können. Bisher mussten solche Lösungen von externen Experten für lediglich eine Anwendung oder für eine begrenzte Palette eng verwandter Einsatzbereiche entwickelt werden. Das neue Tool ermögliche es dem Anwender dagegen, selbst eigene Lösungen für eine grosse Bandbreite unterschiedlicher Einsatzgebiete oder neuer Produkte zu konfigurieren. Dabei steht ihm eine sehr mächtige Funktionsbibliothek zur Verfügung, mit deren Hilfe sich auch recht anspruchsvolle Aufgaben bewältigen lassen.
Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Beim Inhalator für respirativ verabreichte Wirkstoffe müssen die Druckbilder sowohl des Etiketts als auch des Zählrings für die Dosiszahl präzise ablesbar sein. (Bild: Klaus Vollrath)

«Um die Bedeutung dieser Entwicklung verstehen zu können, muss man sich vor Augen halten, wie Systeme zur Druckbildkontrolle bisher entstanden sind», erklärt Roman Haller. Die automatisierte optische Kontrolle von Druckbildern sei beileibe keine einfache Angelegenheit, für die man lediglich einige Gut-Schlecht-Vergleichsbilder benötige. In der Realität seien die Anforderungen oft sehr komplex, weil der Teufel meistens im Detail stecke. Dies fange schon mit der kaum überschaubaren Vielfalt der eingesetzten Druckverfahren sowie der zu bedruckenden Produkte an. Hinzu komme als weiterer wichtiger Faktor die Festlegung der Toleranzen dessen, was noch akzeptiert werden kann und was nicht. Zudem variiere die Bandbreite der Qualitätsvorgaben je nach Einsatzgebiet enorm.
An der Spitze der Anforderungen stünden Branchen wie die Pharma- oder die Uhrenindustrie, wo teils schon Abweichungen im Bereich von Hundertstelmillimeter als Ausschusskriterium gewertet werden. Andere Sektoren wie die Hersteller von Spielzeug oder Verpackungen seien diesbezüglich oft viel toleranter. Hier seien andererseits oft andere Kriterien wie Ästhetik beziehungsweise Produktanmutung zu berücksichtigen. Neben der Frage der reinen Konturschärfe gehe es dabei zum Beispiel dann um Farbabweichungen, Gleichmässigkeit des Farbauftrags oder Verzerrungen des Druckbildes. Letztere hängen teils vom Druckverfahren ab. So komme es beispielweise beim Tampondruck zu unterschiedlichen Breitungen des elastischen Druckstempels in Abhängigkeit von der Anpresskraft. Auch Geometrievariationen bei zwei- oder dreidimensional gekrümmten Objekten oder temperaturbedingte Massänderungen im Augenblick des Drucks könnten zu Verzerrungen führen. Wegen dieser Vielfalt musste bisher bei der Entwicklung automatischer Kontrollsysteme fast immer ein individuell auf die Bedürfnisse des Kunden hin entworfener «Massanzug» aus Hardware und Software realisiert werden.
Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Analyse des Runddrucks an einem rotierenden Lippenpflegestift mithilfe der oben angeordneten Kamera. Fehlstellen in den Buchstaben e und o sind farblich markiert. (Bild: Compar AG)

Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Eine umfassende und übersichtlich strukturierte Bibliothek an Funktionalitäten und Parametrisierungen ermöglicht dem Anwender die schnelle und einfache Realisierung unterschiedlichster Einsatzlösungen. (Bild: Compar AG)

Die Crux mit der Wirtschaftlichkeit

«Druckergebnisse weisen je nach Technologie stets eine gewisse Variabilität auf, weshalb die Wahl der Qualitätskriterien erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Fertigung haben kann», sagt Roman Haller. Infolgedessen könnten zu hohe Ansprüche je nach Produkt und Druckverfahren inakzeptabel hohe Ausschussquoten nach sich ziehen. Zudem müsse man stets auch die Eigenheiten des eingesetzten Druckverfahrens berücksichtigen. So sei beim Laserdruck ein unerwünschter Einbrand an der Oberfläche der Teile möglich. Beim Digitaldruck mit Tintenstrahl-Druckköpfen könne es zum Ineinanderfliessen benachbarter Tröpfchen kommen, und beim Bedrucken gekrümmter Oberflächen sei häufig mit Verzerrungen beziehungsweise «Ziehharmonika-Effekten» zu rechnen.

Kondensiertes Know-how aus der Praxis

«Unsere neue Software enthält das gesamte Erfahrungswissen aus einer Vielzahl über die Jahre hinweg realisierter Einzellösungen in einem äusserst vielseitig einsetzbaren Gesamtpaket», verrät Roman Haller. Dazu gehören auch komplexe Fähigkeiten wie die Berücksichtigung von Verzerrungen zum Beispiel bei flexiblen Materialien wie Folien oder Textilien, die Verwendung von Masken zur Ausblendung störender Umgebungsinformationen wie beispielsweise Halterungen oder die Prüfung bestimmter Bereiche auf Flecken oder Spritzer. Bei Bedarf kann auch der Ästhetik Vorrang vor der Perfektion gegeben werden, beispielsweise bei Spielwaren, wo unter Umständen kleinere Fehler tolerierbar sind, solange sie nicht das Auge stören.
Ein echtes Highlight ist zum Beispiel die Fähigkeit, den Druck auf Bereichen eines Produkts zu prüfen, die nur teilweise hinter einem Ausbruch in einer Verpackung zu sehen sind. Die Software erkennt dabei, um welchen Ausschnitt des Druckbildes es sich handelt, und prüft ausschliesslich den sichtbaren Bereich auf Fehler. Beispiele für solche Anwendungen sind Stichsägeblätter-Sortimente oder Produkte mit einer Skala in Verkaufsverpackungen aus bedrucktem Karton. Ein grosser Pluspunkt des «VISIONexpert»-Systems ist zudem die Tatsache, dass der Hersteller über umfassende Erfahrungen mit Aufgabenstellungen im Bereich hochgenauer optischer Vermessung bis in den Nanometerbereich verfügt. Dieses Know-how kann bei solchen Anwendungen dabei helfen, unnötige Produktverluste als Folge zu eng festgelegter Toleranzvorgaben zu vermeiden.
Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Das menschliche Auge stört sich nicht an einem leichten Verzug des Drucks. Eine Druckinspektionssoftware ohne Verzugskompensation (unteres Bild, grauer Rahmen) wird jedoch immer falschen Ausschuss produzieren, ohne die echten Fehler zu finden. Die Printinspektion von Compar (oberes Bild, blauer Rahmen) kompensiert den Verzug. (Bild: Compar AG)

Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Der blaue Druck ist verschoben und verzogen. Dies stört das Auge jedoch nicht. Die Compar-Druckkontrolle (oberes Bild, blauer Rahmen) kann diese nicht störenden Unterschiede akzeptieren und trotzdem die echten Fehler finden. Herkömmliche Software (unteres Bild, grauer Rahmen) schafft dies nicht. (Bild: Compar AG)

Vom Anwender einfach einzurichten und anzupassen

«Bei der Konzipierung der Software stand eine möglichst hohe Anwenderfreundlichkeit im Vordergrund», betont Roman Haller. Im Prinzip bündelt es Softwaremodule aus einer Vielzahl bisher realisierter Entwicklungen, auf die mithilfe einer einfach strukturierten Benutzeroberfläche zugegriffen werden kann. Das Paket lässt sich ohne besondere Vorkenntnisse bedienen und dank der im Hintergrund verfügbaren Modulbibliotheken schnell und einfach für unterschiedlichste Einsatzbereiche konfigurieren. Es kann daher jederzeit auch an andere Druckverfahren oder Produkte angepasst werden.
Hierarchisch gestaffelte Zugangsberechtigungen ermöglichen vorher festgelegten Mitarbeitern das Einlernen von neuen oder geänderten Bildmustern, zum Beispiel beim Auftreten unvorhergesehener Fehlerkategorien oder beim Einlernen neuer Produkte. Damit lässt es sich flexibel an die im jeweiligen Unternehmen vorhandene Personalstruktur anpassen. Bei Bedarf kann auch sein Funktionsumfang mithilfe des «VISIONexpert»-Systems beliebig um zusätzliche Bildverarbeitungsthemen wie Vermessung, Positionskontrolle usw. erweitert werden. Und last but not least steht dahinter im Bedarfsfall die langjährige Beratungs- und Problemlösungs­kompetenz eines seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der computergestützten Bildverarbeitung tätigen Unternehmens.
Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Während echte Zeichenfehler (linkes Bild, blauer Rahmen) erkannt werden müssen, darf die Software hier die «Ziehharmonika-Verzerrungen» des Runddrucks (rechtes Bild, grauer Rahmen) parametergesteuert tolerieren. (Bild: Compar AG)

Flexibles Universaltool für die automatische optische Druckbildinspektion

Während kleinere «Pigmentstörungen» innerhalb der einzelnen Farbflächen (links und Mitte) bis zu einem bestimmten Grad toleriert werden dürfen, werden sie ab einer vordefinierten Schwelle (rechts) zum Ausschusskriterium. (Bild: Compar AG)

Compar AG
8808 Pfäffikon SZ
Tel. 055 416 10 60
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