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24 Dezember 2015 | Oberflächen POLYSURFACES 05/2015 | Sécurité au travail

Fokus Brandschutz in galvanischen Anlagen

Martin Kauer

Einige tragische Brandfälle in galvanischen Oberflächen-Beschichtungsanlagen mit gravierenden Folgen für die Existenz der betroffenen Unternehmen haben uns in den letzten Jahren vor Augen geführt, wie wichtig es ist, mögliche Brandherde zu identifizieren und die Brandgefahr durch technische Massnahmen auf ein Minimum zu reduzieren. Es kann hier bewusst nur von «Brandgefahr reduzieren» die Rede sein, da auch eine noch so ausgefeilte Technik das Verhalten von Menschen, und ganz speziell das Fehlverhalten von Menschen in bestimmten Situationen, nicht vollständig überwachen und kompensieren kann.
Ebenso erhalten die Wartung und Reinigung von Anlagen im Zusammenhang mit Brandverhinderung und Anlagensicherheit einen ganz neuen Stellenwert. Die sorgfältige und gründliche Reinigung und Wartung von Anlagen hilft, die technischen Einrichtungen in funktionstüchtigem Zustand zu bewahren und somit Gefahren zu minimieren. Die genaue Kontrolle einer Anlage während Reinigungsarbeiten ist eine äusserst wertvolle Ergänzung zu einer auch regelmässig ausgeführten Wartung.

In den wenigsten Brandfällen gelangen wir zur Erkenntnis, dass ein Versagen von technischen Systemen die Ursache für einen Brandfall darstellt. Häufig kommen wir zum traurigen Schluss, dass menschliches Fehlverhalten während oder nach Unterhaltsarbeiten, mangelnde Wartung und ungenügende Reinigung der Auslöser für einen Brand gewesen sind.
In einer galvanischen Oberflächenbeschichtungsanlage gibt es drei massgebende Gefahrenquellen für einen Brand. Es handelt sich dabei um folgende:
  • Trockengang und Überhitzung von elektrischen Badwärmern
  • Trockenlauf und Überhitzung von elektrischen Pumpen
  • Überhitzung von elektrischen Stromführungen, Kabeln und Kontakten
 
Direkte Beheizung der galvanischen Bäder
Eine Gefahrenquelle für einen Brand in einer Galvanik stellt die direkte elektrische Beheizung der Elektrolyte und Bäder dar. Folgende Gefahren ergeben sich bei einer direkten Beheizung von galvanischen Bädern mit elektrischen Badwärmern:
  • Teilweiser oder kompletter Trockengang
  • Starke Behinderung der Wärmeabfuhr vom beheizten Tauchrohr durch Krustenbildung an der Oberfläche
  • Verschweissen der elektrischen Relais oder Schütze der Steuerung
  • Kabelbruch des Temperaturfühlers oder der Niveausonden
 
Elektrische Badwärmer müssen nach DIN EN 60519-2 (VDE 0721-2) und DIN EN 60519-1:2014-03 zwingend gegen den «teilweisen oder kompletten Trockengang» abgesichert werden. Ein Trockengang liegt vor, wenn das Tauchrohr des Badwärmers nicht ausreichend mit Flüssigkeit bedeckt ist. Dadurch ist die Wärmeableitung vom Tauchrohr nicht mehr genügend gesichert, und der Badwärmer kann so stark überhitzen, dass umliegende Anlagenteile in Brand gesteckt werden. Für den Anwender sind die meisten handelsüblichen Badwärmer mit einer Markierung versehen, die das erforderliche Flüssigkeitsniveau kennzeichnet.
Um einen Trockengang der Badwärmer zu verhindern, werden in der Regel Niveausensoren eingesetzt. Sie überwachen das Niveau des beheizten Bades und schalten als Teil einer Steuerung den Badwärmer ab, falls das Niveau des Elektrolyten unter die erforderliche Höhe sinkt. In der Galvanik haben sich als Niveausensoren vor allem Niveaustabsonden und -schwimmer bewährt.
Aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich, das Niveau eines elektrisch beheizten Elektrolyten durch zwei verschiedene Technologien zu überwachen: eine Niveaustabsonde und einen Niveauschwimmer. Der Einsatz von zwei verschiedenen Technologien kombiniert die Vorteile von beiden Sensoren in einer Steuerung und erhöht somit deren Sicherheit wesentlich. In Fällen, in denen sich aufgrund einer zu niedrigen Leitfähigkeit eines Elektrolyten eine Niveaustabsonde nicht einsetzen lässt, empfiehlt sich bei einer doppelten Niveauüberwachung die Anwendung von zwei Niveauschwimmern.
Die Niveausensoren werden derart an die Steuerung angebunden, dass kein Signal anliegt, falls ein Kabelbruch vorliegt oder ein Sensor nicht angeschlossen ist. Die elektrische Heizung kann somit nur betrieben werden, wenn von allen Niveausensoren ein aktives Signal vorliegt.
Einige galvanische Bäder wie zum Beispiel Aluminiumbeizen, Entfettungen, Phosphatierungen und andere neigen zur Bildung von Krusten auf der Oberfläche von Badwärmern. Haben sich am Tauchrohr eines Badwärmers erst dicke Krusten an der Oberfläche gebildet, kann es trotz genügendem Flüssigkeitsniveau im Bad zu einer Überhitzung des Tauchrohres kommen. Diese gefährliche Situation kann trotz mehrfacher Absicherung des teilweisen oder kompletten Trockenlaufes eines Badwärmers stattfinden. Die dadurch entstehende Brandgefahr lässt sich durch den Einsatz von Badwärmern mit Antibrandsystem einschränken (Bild 1). Badwärmer mit Antibrandsystem schalten sich bei einer im Tauchrohr auftretenden Überhitzung dauerhaft ab und können nur durch einen manuellen Eingriff, nach Beseitigung aller möglichen Fehlerquellen und nach erfolgter Kontrolle der Anlage, wieder in Betrieb genommen werden.
 
Bild 1: Badwärmer mit Antibrandsystem. (Bild: Mazurczak GmbH)
 

Teflon-Heizkörper mit Heizspiralen lassen sich zurzeit noch nicht mit Antibrandsystem ausstatten. Es kann jedoch auch bei solchen die unmittelbare Temperatur des Heizkörpers mittels eines zusätzlich zwischen die Windungen eingebrachten Temperaturfühlers überwacht werden (Bild 2). Bei ausreichender Badbewegung lässt sich die Grenztemperatur für diesen Fühler um wenige Grade höher setzen als die Solltemperatur des Bades. Ein unzulässiges Ansteigen der Badtemperatur über diese Grenztemperatur bewirkt über einen Übertemperaturwächter die dauerhafte Abschaltung des Heizkörpers.
 
Bild 2: Teflon-Badwärmer mit Temperaturfühler zur Überwachung der Temperatur zwischen den Heizungswindungen. (Bild: Mazurczak GmbH)
 

Die Temperaturregelung des Bades wird in den allermeisten Fällen mit einem Regler mit PID-Verhalten bewerkstelligt (Bild 3). Die im Anlagenbau gebräuchlichen Temperaturregler arbeiten nur, wenn vom Temperatursensor ein aktives Signal innerhalb eines gewissen Wertbereiches vorliegt. Auf diese Weise wird verhindert, dass ein Kabelbruch des Temperatursensors zu falschen Messwerten des Temperaturreglers führt und das galvanische Bad dadurch allenfalls überhitzt.
 
Bild 3: Temperaturregler mit PID-Verhalten und -Überwachung des Temperaturfühlers auf Kabelbruch. (Bild: ERNE surface AG)
 
Der Ausgang des PID-Reglers kennt im Gegensatz zum kontinuierlichen Signal der gemessenen Badtemperatur nur zwei Zustände: «Badheizung an» oder «Badheizung aus». Die Badheizung wird dabei über ein Relais oder einen Schütz ein- und ausgeschaltet. Das Relais oder der Schütz, die durch den Temperaturregler gesteuert werden, sind in der Regel die am stärksten belasteten Elemente im Regelkreis, da sie am häufigsten an- und abgeschaltet werden. Relais und Schütze sind elektromechanische Elemente, die durch den Lichtbogen beim Öffnen oder Schliessen des elektrischen Kontaktes in seltenen Fällen auch «verschweissen» können. Die Kontaktflächen, die den elektrischen Kontakt herstellen, können bei Überlastung, bei Erreichen der Lebensdauer des Schaltelementes oder in anderen ungünstigen Fällen aufeinander kleben bleiben. Ist ein Relais oder Schütz erst verschweisst, kann er seine Funktion, den elektrischen Stromkreis zu unterbrechen und den Badwärmer abzustellen, nicht mehr wahrnehmen.

Um die Sicherheit in derartigen Fällen trotzdem gewährleisten zu können ist es notwendig, die Niveauüberwachung (auch die doppelte Niveauüberwachung) und die Übertemperaturüberwachung über separate Relais oder Schütze zu führen. Dadurch lässt sich eine vielfache in Reihe geschaltete Sicherheitskette realisieren (Bild 4), die im Falle des Versagens eines einzelnen Elementes immer noch die Abschaltung der Badwärmer durch die restlichen Schaltelemente sicherstellt. Anstelle von elektromechanischen Relais oder Schützen sind in gewissen Lastbereichen auch verschleissfreie Halbleiterrelais einsetzbar. Diese arbeiten ohne Lichtbogen und verschweissen somit in keinem Fall.


Bild 4: Elektroschema einer Steuerung mit mehrfacher in Serie geschalteter Sicherheitskette durch Temperaturregelung, Übertemperaturüberwachung und doppelte Niveauüberwachung.
(Bild: ERNE surface AG)
 

Ein Übertemperaturwächter kontrolliert mittels eines von der Temperaturregelung unabhängigen Temperaturfühlers die Temperatur im galvanischen Bad (Bild 5). Überschreitet aufgrund eines beliebigen Defektes die Temperatur im Bad einen vorgegebenen Grenzwert, unterbricht der Grenztemperaturwächter den elektrischen Stromkreis des Badwärmers dauerhaft. Nur durch einen manuellen Eingriff am Übertemperaturwächter, nach Kontrolle des Anlagenzustandes und Beseitigung allfälliger Mängel, kann der elektrische Heizkreis wieder in Betrieb genommen werden.

Bild 5: Übertemperaturwächter zur dauerhaften Abschaltung eines Badwärmers bei Erreichen einer einstellbaren Grenztemperatur.
(Bild: Mazurczak GmbH)
 

Überhitzung von Pumpen und Pumpenköpfen
Eine zweite Gefahrenquelle für einen Brand stellen Pumpen dar. Im galvanotechnischen Bereich werden wegen der aggressiven Flüssigkeiten fast ausschliesslich magnetisch gekoppelte Kreiselpumpen mit Keramiklagern eingesetzt. Die von der Pumpe geförderte Flüssigkeit sorgt in den magnetisch gekoppelten Kreiselpumpen für eine ausreichende Schmierung und Kühlung der Keramiklager. Reicht die Kühlung der Keramiklager durch ein allzu stark gedrosseltes Fördervolumen nicht mehr aus, überhitzen sie. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Trockenlauf der Pumpe. Das Überhitzen der Lager bei einem Trockenlauf kann zu einem Schmelzen des Pumpenkopfes führen.
Strömungswächter stellen ein bewährtes Mittel dar, um das Fördervolumen einer Pumpe zu überwachen und die Pumpe beziehungsweise den Pumpenkopf vor Überhitzung bei allzu kleinem Volumenstrom zu schützen (Bild 6). Die Pumpe wird von der Steuerung bei Unterschreiten eines unteren Fördervolumen-Grenzwertes abgeschaltet.

Bild 6: Strömungswächter für die Überwachung des
Fördervolumens einer magnetisch gekoppelten Pumpe.
(Bild: Sondermann GmbH)
 

Im Bereich der Trockenlaufsicherheit besitzt die Sondermann Pumpen + Filter GmbH & Co. KG mit ihren Pumpen der Reihe TS ein Alleinstellungsmerkmal. Diese absolut trockenlaufsicheren Pumpen überstehen eine Trockenlaufsituation völlig unbeschadet. Eine besondere Konstruktion der Lager mit entsprechender Materialwahl macht dies möglich. Ein Fördervolumenstrom zur Schmierung und Kühlung der Lager des Pumpenkopfes ist nicht mehr erforderlich. Bis auf wenige Ausnahmen sind sämtliche Pumpen dieses Herstellers mit trockenlaufsicheren Lagern nachrüstbar.
Bei einer stark belasteten Pumpe erhitzt sich durch die starke Stromaufnahme die Wicklung im Pumpenmotor. Sie kann mit einem Bimetallkontakt vor Überhitzung geschützt werden. Erhitzt sich die Wicklung bei grosser Leistungsaufnahme zu stark, wird sie durch den Bimetallkontakt unterbrochen und stoppt somit den Pumpenmotor. Die Pumpe läuft nach dem Abkühlen der Wicklung wieder von selbst an.
Dringt ein Objekt in einen Pumpenkopf ein und blockiert das Flügelrad der Pumpe, steigt die Stromaufnahme im Motor stark an. Der Motor kann sich dabei sehr stark erhitzten und stellt eine Gefahrenquelle für umliegende Anlagenteile dar. Ein Motorschutzschalter dient dazu, den vom Pumpenmotor aufgenommenen Strom zu überwachen. Übersteigt der aufgenommene Strom einen motorenspezifischen Grenzwert, wird der Motor dauerhaft abgeschaltet und vor Beschädigung geschützt. Ansaugfilter im Saugstutzen der Pumpe helfen ebenfalls mit, das Eindringen von Objekten in die Pumpe zu verhindern.
Ebenso ist bei stark zur Auskristallisation neigenden Bädern darauf zu achten, dass eine minimale Temperatur auch während Stillstandzeiten nicht unterschritten wird. Die sich bildenden Kristalle in den Lagern der Pumpe blockieren das Pumpenrad und verhindern somit den normalen Betrieb der Pumpe.
Aus den vorstehend erwähnten Gründen empfehlen wir magnetisch gekoppelte Kreiselpumpen im Minimum mit einer niveaugesteuerten Trockenlaufsicherung auszustatten. Diese kann in einer Steuerung zusammen mit der Trockenlaufsicherung der Badwärmer realisiert werden und bedarf nicht einer zusätzlichen Niveauüberwachung.
 
Korrekte Dimensionierung von stromführenden Anlagenkomponenten
Wie bereits eingangs erwähnt, stellen zu klein dimensionierte Kabelquerschnitte oder schlechte Kontaktierungen bei der Gleichstromversorgung eine dritte Gefahrenquelle in Anlagen dar.
Ein kleines Rechenbeispiel illustriert hier schön, dass schon kleine Änderungen am Querschnitt eines Gleichstromkabels einen grossen Einfluss auf die Verlustleistung im Kabel haben. So zeigt Bild 7 eine rechnerische Abschätzung der Verlustleistung für ein gerades Kupferkabel von 1 m Länge, das mit einem Gleichstrom von 100 A beaufschlagt wird (Temperatureffekte wurden vernachlässigt, diese würden den gezeigten Effekt jedoch zusätzlich verstärken). Es zeigt sich deutlich, dass die Verlustleistung umgekehrt proportional zum Querschnitt des Leiters ist. Daraus kann deutlich abgelesen werden, dass zu klein dimensionierte Leitungsquerschnitte zu einer grossen Verlustleistung führen. Durch die Verlustleistung werden die stromführenden Leiter erhitzt und stellen somit mögliche Brandherde in der Anlage dar.
 
Bild 7: Verlustleistung eines geraden Kupferleiters von 1 m Länge bei einer Stromstärke von 100 A. (Bild: ERNE surface AG)
 

Ähnliche Effekte wie bei Gleichstromkabeln treten bei allen Gleichstromübergängen und gleichstromführenden Elementen in Anlagen auf. Einige Beispiele für derartige Stellen sind: Hochstromkontakte, Anodenstangen, Kontaktstellen zwischen Anodenkörben und -stange, stromführende Warenstangen und Kontaktkabel in Galvanisiertrommeln. Die Stromübergange in allen Anlagenteilen sind zu optimieren, damit die Übergangswiderstände und damit die Verlustleistungen klein gehalten werden können. Alle stromführenden Anlagenteile sind nicht nur aus ökonomischen und energietechnischen, sondern auch aus brandschutztechnischen Gründen ausreichend zu dimensionieren.
 
Brandschutz ist ein wichtiges Anliegen
Die in diesem Beitrag dargestellten technischen Massnahmen in den drei vorstehend erwähnten Bereichen helfen mit, Brandfälle in Oberflächen-Beschichtungsanlagen zu vermeiden. Die für eine sichere Anlagenausführung nötigen Zusatzinvestitionen lohnen sich über die Lebensdauer einer Anlage gerechnet auf jeden Fall. Denn Produktionssicherheit und das Vertrauen in die eigene Anlagensicherheit stellen einen unschätzbaren Wert für ein Unternehmen dar.
 
Dr. Martin Kauer
Leitung Anlagenbau
ERNE surface AG
Industriestrasse 24
8108 Dällikon
Tel. 043 411 74 74
Fax 043 411 74 75
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