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19 März 2015 | Oberflächen POLYSURFACES 06/2014 | Oberflächenbehandlung

Höhere Prozesssicherheit beim Gleitschleifen

Angelika Helten

Für das Gleitschleifen von Werkstücken aus Metall hat Walther Trowal Verfahrensmittel entwickelt, die erstmals unabhängig von der Wasserhärte arbeiten und nur wenig Schaum erzeugen. Dies bedeutet für die Anwender, dass der Prozess «Trowalisieren» auch dann stabil läuft, wenn sich die Randbedingungen ändern. Die neuen Compounds ermöglichen es in vielen Fällen, das Prozesswasser im geschlossenen Kreislauf zu verwenden.
Es geschah aus heiterem Himmel: Die Produktion der Werkstücke lief auf Hochtouren, die Reinigung in den Rundvibratoren arbeitete perfekt. Doch von einem Tag auf den andern ging die Reinigungsleistung drastisch zurück, obwohl der Anwender im Prozess nichts geändert hatte. Im Rundvibrator und in der Zentrifuge, die das Prozesswasser recycelte, entwickelte sich deutlich mehr Schaum als sonst. Die Nachricht von der «Schaumparty in Halle 3» machte schnell die Runde im Werk des Anwenders. Im Gespräch mit den Spezialisten von Walther Trowal wurde die Ursache rasch gefunden: Das Wasserversorgungsunternehmen lieferte das Wasser seit Kurzem aus einer anderen Talsperre, deren Wasser weicher war.
Dies ist nur ein Beispiel für den grossen Einfluss der Wasserhärte auf die Teilereinigung mit seifenhaltigen Compounds, die bisher zum Gleitschleifen oft verwendet wurden. Das Optimum zwischen guter Reinigungswirkung und geringer Schaumentwicklung beim Recycling war auf einen sehr engen Härtebereich des Wassers begrenzt. Oft geriet die Reinigung aus dem Tritt, ohne dass zunächst eine Erklärung gefunden wurde.
 
Diese Fettrückhaltescheibe ist nach dem «Trowalisieren» perfekt gereinigt.
 
Die Ursache: Wechselnde Wasserhärte
Die Abhängigkeit von der Wasserhärte machte sich auch in Unternehmen bemerkbar, die mit identischen Verfahren an unterschiedlichen Standorten produzieren. In einigen Werken arbeitete der Gleitschleifprozess perfekt, in anderen – unter anscheinend identischen Bedingungen – schlecht.
Die Ursache der Instabilität des Prozesses bei Verwendung seifenhaltiger Produkte ist, dass Seife bei einer niedrigen Wasserhärte grundlegend anders reagiert als bei einer hohen. In weichem Wasser hat sie exzellente Reinigungseigenschaften und emulgiert Öl sehr gut. Beim Recyceln des Prozesswassers in Zentrifugen entsteht jedoch sehr viel Schaum, was den Einsatz von Entschäumern erforderlich macht. Zudem haftet die Seife nicht an der Oberfläche – es entsteht keine Schutzschicht, die die Oberfläche von der Luft abschottet. Das Resultat ist ein geringer Korrosionsschutz.
In hartem Wasser hingegen ist der Korrosionsschutz gut, und es wird wenig Schaum erzeugt; jedoch hat Seife dann verminderte Reinigungseigenschaften. Zudem hemmt sie das Emulgieren von Öl. In der Folge ist die Entfettung nicht ausreichend.
Bisher mussten die Parameter für jede Anlage individuell eingestellt werden. Und es bestand ständig die Gefahr, dass schon geringe Schwankungen der Wasserhärte die Sicherheit des Reinigungsprozesses gefährdeten.
 
Das neue Breitband-Compound «trowal KRS» (rechts) erzeugt im Vergleich mit dem seifenhaltigen, herkömmlichen Compound (links) deutlich weniger Schaum.
 
Das Ziel: Hohe Prozesssicherheit
Deshalb war es das Ziel von Walther Trowal, den Einfluss der Wasserhärte beim Gleitschleifprozess und dem Recyceln des Prozesswassers auszuschalten und so eine höhere Prozesssicherheit über einen weiten Härtebereich zu erzielen. Zudem sollte die Anwendung einfach sein, denn das Gleitschleifen ist bei den Kunden nur ein Prozessschritt von vielen, der möglichst geringe Aufmerksamkeit erfordern soll. Dies bedeutete, dass eine neue Lösung weder zusätzliche Maschinen noch Zusatzmittel wie Entschäumer oder Aufhärtemittel mit sich bringen sollte.
Natürlich mussten neue Produkte sehr gute Reinigungs-, Entfettungs- und Korrosionsschutzeigenschaften haben. Darüber hinaus sollte das Prozesswasser recyclingfähig sein und im Kreislauf verwendet werden können, um Ressourcen zu schonen und Kosten für die Entsorgung zu sparen. Beim Recycling sollte wenig Schaum entstehen – keine leichte Aufgabe, denn die Zentrifugen, die das Prozesswasser aufbereiten, tragen sehr viel Energie in das Wasser ein.
 
Schleifkörper und die neuen Breitband-Compounds ergänzen sich beim Gleitschleifen.
 
Die Lösung: Spezialtenside
In mehrjähriger Entwicklungsarbeit hat Walther Trowal drei Breitband-Compounds entwickelt, welche die Anforderungen des Gleitschleifens in allen Punkten erfüllen. Dabei wurde ein hoher Wert auf die Umweltfreundlichkeit gelegt. Die Basis bilden ausschliesslich synthetisch hergestellte Inhaltsstoffe, denn das Palmöl, das für die Herstellung von Seifen verwendet wird, ist ein wichtiger Bestandteil vieler Nahrungsmittel und zudem ein Stoff, der wegen der Anbaubedingungen weltweit in der Kritik steht.
Das universell einsetzbare, schonende Reinigungs- und Entfettungscompound «trowal KRA» verfügt über gute Korrosionsschutzeigenschaften. Es ist für alle Metalle geeignet und wird häufig beim Entgraten von Werkstücken verwendet, an denen zwar wenig Öl haftet, die jedoch kein intensives Entfetten erfordern.
 
Eine Schmiedeform vor (rechts) und nach dem «Trowalisieren» (links).

Das Behandlungsmittel «trowal SGK» wurde speziell für das Entfetten und Reinigen von Werkstücken aus Aluminium, Edelstahl und Zink entwickelt. Es ist ein extrem gut entfettendes Compound und eignet sich auch für das Entfernen von hartnäckigen Verschmutzungen. Mit neu entwickelten Inhaltsstoffen erzielt es nach der Reinigung Oberflächenenergien von mehr als 48 mN/m, so dass die Teile nach der Behandlung sofort lackiert oder geklebt werden können.
Das Compound «trowal KRS» ist für die Reinigung von rostempfindlichen Teilen vorgesehen. Es enthält spezielle Tenside, die Feinstabrieb von Metallen und Schleifkörpern besonders gut dispergieren und schützt so die Oberflächen der Werkstücke extrem gut gegen Korrosion.
Die grundlegende Idee bei der Entwicklung dieser Breitband-Compounds war, keine weiteren Zusatzprodukte zu entwickeln, sondern das Problem an der Wurzel zu packen, also sicherzustellen, dass Schaum gar nicht erst entsteht. Als weltweit einziger Hersteller liefert Walther Trowal heute Compounds für die Gleitschleifprozesse, die keine Seife enthalten und dennoch unter allen Produktionsbedingungen nur schwach schäumen.
Die Lösung war, Spezialtenside als Alternative zu Seifen zu verwenden. Da sie die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzen, benetzen sie die Oberfläche der Werkstücke intensiv. Durch ihren hohen Reinigungseffekt bringen sie die Oberfläche zum Glänzen und hellen sie auf. Darüber hinaus emulgieren sie Öl sehr gut und eignen sich so hervorragend für die Entfettung. Zudem dispergieren sie Feststoffe in hohem Masse, so dass sie den Metall- und Schleifkörperabrieb aufnehmen, der beim Gleitschleifen entsteht. Zusätzliche, schaumarme Inhibitoren gewährleisten einen guten Korrosionsschutz.
Die grosse Bandbreite in Bezug auf die Wasserhärte bietet eine hohe Sicherheit für die Produktion. So spielt es keine Rolle mehr, wie die Beschaffenheit des Prozesswassers ist. Ob der Versorger das Wasser aus einem anderen Einzugsgebiet bezieht, innerhalb des Werks eine Wasserenthärtung installiert wird oder sich die Eigenschaften aus anderen Gründen ändert: der Gleitschleifprozess bleibt unbeeinflusst.
 
Auch Teile aus Messing eignen sich für das «Trowalisieren».

Unabhängig von der Wasserhärte entwickeln sie so wenig Schaum, dass kein Entschäumer einzusetzen ist. Trotzdem sichern sie den reibungslosen Betrieb unter unterschiedlichen Bedingungen und sind einfach in der Anwendung. In vielen Fällen ermöglichen sie es erstmals, das Prozesswasser überhaupt zu recyceln und so die Kosten für die Entsorgung drastisch zu verringern.
Die gute Reinigungs- und Dispergierleistung sorgt zudem dauerhaft für Sauberkeit in allen wasserführenden Rohrleitungen, in Tanks, in den Gleitschleifbehältern und auf den Schleifmedien. Dies bedeutet auch, dass die Compounds nun an jedem beliebigen Standort die gleichen guten Ergebnisse liefern. Dies ist einerseits für Hersteller wichtig, die in mehreren Werken produzieren. Andererseits sind die Ergebnisse von Versuchen, die im Vorfeld einer Kaufentscheidung in der Versuchsabteilung von Walther Trowal durchgeführt werden, sicher auf die Anlagen der Kunden übertragbar.

 
Die Zentrifuge ZA 04 für die Aufbereitung des Prozesswassers.

Erste Erfahrungen durchweg positiv
Der Ansatz, das Problem bei der Wurzel zu packen, hat sich bewährt. Da der Gleitschleifprozess jetzt unabhängig von der Wasserhärte abläuft, ist eine dauerhaft hohe Prozesssicherheit gewährleistet. Kunden, die extrem weiches Wasser zur Verfügung haben, benötigen kein Aufhärtemittel, andere, die mit hartem Wasser arbeiten, verwenden keinen Entschäumer mehr.
Ein Hersteller von Nadeln für Textilmaschinen war einer der ersten Kunden, die auf die neuen Compounds umgestellt haben. Obwohl er weiches Wasser verwendet, setzt er keine Aufhärtungsmittel mehr ein. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Prozesswasser in diesem Werk erstmals im geschlossenen Kreislauf recycelt wird und über lange Zeiträume hinweg nur die Verdunstungsverluste mit Frischwasser ausgeglichen werden. Andere Anwender, die auf die neuen Produkte umgestellt haben, berichten, dass das Gleitschleifen seit der Umstellung vollkommen reibungslos läuft und keinerlei Serviceeinsätze mehr notwendig waren. Auch der anfangs erwähnte Kunde hat ebenfalls auf die neuen Breitband-Compounds umgestellt. Somit finden, zumindest in seinem Werk, keine «Schaumpartys» mehr statt.

Dipl.-Ing. Angelika Helten
Laborleiterin
Walther Trowal GmbH
& Co. KG
D-42781 Haan
www.walther-trowal.de

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