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23 Juli 2013 | Oberflächen POLYSURFACES 02/2013 | Industrielackieren

Lackierprozess auf Niedrigtemperaturpulver umgestellt

Vor einiger Zeit äusserte Christoph Schmidt, Betriebsleiter der Schweizerischen Drahtziegelfabrik (SDL), den Wunsch, künftig auf Zinksubstraten Niedertemperatur-(NT-)Pulver einsetzen zu können. Nachdem SDL bereits erfolgreich das «Duplex»-Pulver von Kabe einsetzt, steht nun auch Niedertemperaturpulver des gleichen Herstellers für verzinkte Oberflächen zur Verfügung. Der Wunsch von Christoph Schmidt ist also nach kurzer Zeit schon in Erfüllung gegangen. Er erklärt die Beweggründe für die Umstellung auf das NT-Pulver folgendermassen: «Der Einbau einer neuen Pulverbeschichtungslinie ermöglichte eine massive Steigerung des Materialdurchflusses. Wie häufig bei Pulverbeschichtungslinien erwies sich der Kammerofen als Flaschenhals. Einerseits erforderte die Auslegung lange Einbrennzeiten und andererseits fiel bei jedem Öffnen des Ofens die Temperatur auf 130 °C. So entstanden permanent Materialstaus vor dem Ofen, was einen wirtschaftlichen Arbeitsprozess verunmöglichte.»
 

Die Herausforderung bei der Entwicklung des neuen NT-Pulvers war die Forderung, dass es bei der Verwendung auf verzinkten Substraten nicht zu Fehlstellen kommt.

 
Bestechende Idee, optimale Lösung
Der Kammerofen lässt sich relativ rasch auf 150 bis 160 °C aufheizen. Ab dieser Temperatur flacht die Heizkurve jedoch stark ab. Da Standardpulver mit 180 bis 190 °C einzubrennen sind, ergeben sich ein hoher Energieverbrauch und lange Wartezeiten, bis die nächsten Teile eingefahren werden können. Der erste Lösungsansatz war, einen neuen, wirtschaftlicheren Ofen zu installieren. «Dies wäre aber erstens sehr teuer gewesen und zweitens aus ökologischer Sicht auch ein Unfug», bemerkt Schmidt. Wie wäre es also, wenn man anstelle der Standardpulver neu NT-Pulver einsetzen könnte? Dann würde der Ofen einen wesentlich grösseren Durchsatz schaffen, und die Materialstaus liessen sich vermeiden. Die Idee war bestechend, aber auf dem Markt waren keine NT-Pulver verfügbar, die auf Zinksubstrat eingesetzt werden konnten. War die gute Idee bereits im Ansatz zum Scheitern verurteilt?
In der langjährigen Geschäftsbeziehung zwischen SDL und der Karl Bubenhofer AG wurden bereits viele Projekte erfolgreich realisiert, zum Beispiel auch das vorstehend erwähnte «Duplex»-Verfahren. Deshalb war es für Christoph Schmidt naheliegend, mit seinem Wunsch nach NT-Pulver auch die Fachleute von Kabe Farben zu kontaktieren. «Wir sind bei SDL etwas Tüftler und probieren gerne Neues aus. Mit der Karl Bubenhofer AG haben wir dies schon erfolgreich gemacht, da dort der gleiche Spirit vorhanden ist», begründet Christoph Schmidt diesen Schritt.
Bei Kabe Farben hat NT-Pulver Tradition, und man konnte auf bestehendes Know-how zurückgreifen. «Wir sind ja schon lange im NT-Bereich führend und verfügen über einen grossen Erfahrungsschatz. Eine besondere Anforderung bei der Verzinkerei SDL ist, dass der Pulverlack ausgasend sein muss. Dies machte die Entwicklung herausfordernd und spannend», bemerkt Roger Zeller, Verkaufs- und Marketingleiter Pulverlacke bei der Karl Bubenhofer AG.
Der Entwicklungsprozess verlief in enger Zusammenarbeit, denn nur so konnte schnell ein optimales Resultat erzielt werden. Da SDL ein ausserordentlich breites Kundenportfolio bedient, wurde nebst den Standardfarbtönen auch eine umfangreiche Palette von Metallic- und Strukturpulvern entwickelt.
 
Nach der Umgewöhnung sind die Vorteile des neuen NT-Pulvers für die Mitarbeiter deutlich zu spüren.

 
Temperatur senken, Durchsatz erhöhen
Wie reagierten nun aber die Beschichter auf die neuen NT-Pulver? Mussten sie ihre Arbeitsweise komplett umstellen? «Die Beschichter haben die Vorteile sehr schnell gesehen. Der Stau vor dem Ofen war plötzlich weg, denn dank der neuen Pulver schaffen wir bei einer um 20 °C geringeren Einbrenntemperatur einen um 30% höheren Durchsatz», bemerkt Schmidt.
Es brauchte aber schon einiges an Umgewöhnung, damit die Temperatureinstellungen und die Farbwahl auch mit dem zu beschichtenden Produkt übereinstimmten. Denn wo man früher einfach eine beliebige Schachtel aus dem Lager nehmen konnte, musste nun im Arbeitsprozess das richtige Pulver ausgesucht werden und entsprechend auch die Temperatur im Kammerofen voreingestellt sein. Auch andere Erfahrungen wurden während der Einführung gesammelt. Wichtig ist beispielsweise, dass das Grundierpulver komplett fertig eingebrannt ist. Ansonsten scheint es durch die Pulverschicht hindurch. Auch beim Handling des Pulvers mussten die Beschichter bei SDL etwas umdenken. Denn NT-Pulver kann man nicht am Wareneingang in der Sonne stehen lassen. Es muss sofort an einem vor Hitze geschützten Ort gelagert werden, sonst geliert es an.
Muss man als Anwender Komplikationen bei der Umstellung auf NT-Pulver befürchten? «Überhaupt nicht, aber es braucht den Willen zur Innovation», sagt Christoph Schmidt und ergänzt: «Besonders bei Kammeröfen ist das NT-Pulver ein sehr grosser Vorteil. Denn damit lässt sich die Leistung erhöhen und der Energieverbrauch senken.» Dank dem Einsatz des NT-Pulvers «Polyflex PES-125-NT-GU», das die Einbrennzeit um 10 min verringert, konnte bei SDL der Arbeitsprozess nachhaltig optimiert werden. Dies äusserte sich in reduzierten Überzeiten und zufriedenen Mitarbeitern, die nicht mehr Däumchen drehen müssen, bis sie die nächste Charge in den Ofen einbringen können.
 

Durch den Einsatz des NT-Pulvers konnte man den Teilestau vor dem Einbrennofen eliminieren.

 
Ausblick
Die Karl Bubenhofer AG ist stolz darauf, ausgerechnet bei einer Verzinkerei das NT-Pulver zur Serienreife gebracht zu haben. Dank dieses Entwicklungsschritts ist das Unternehmen der einzige Hersteller, der einen ausgasenden Pulverlack im Niedertemperaturbereich anbieten kann. «Zink ist ja ein sehr heikles Substrat. Wenn es hier funktioniert, funktioniert es auf allen anderen Substraten auch. Und der um 30% erhöhte Durchsatz bei einer um 20 °C geringeren Einbrenntemperatur beweist, dass das NT-Pulver eine wirtschaftliche Alternative zu Standardpulvern ist», resümiert Roger Zeller.
 
Karl Bubenhofer AG
Hirschenstrasse 26
9201 Gossau
Tel. 071 387 43 73
Fax 071 387 43 05
pulver@kabe-farben.ch
www.kabe-farben.ch
 
Schweizerische Drahtziegelfabrik AG
Beundenrain 7 - 13
4932 Lotzwil
Tel. 062 916 46 00
Fax 062 916 46 01
info@sdl.ch
www.sdl.ch