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17 April 2021 | Oberflächen POLYSURFACES 03/2020 | Entfettungsprozess

Mission im Millionstel

Sabrina Deininger

Wer in der Automobilbranche mithalten will, steht unter Druck: grosse Stückmengen, Just-in-time-Lieferung und eine hohe technische Sauberkeit der Bauteile sind das Mass der Dinge. Um den steigenden Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Springfix AG den Entfettungsprozess komplett umgekrempelt: Neue Anlage und neues Lösemittel. Statt Trichlorethylen (TRI) reinigen nun modifizierte Alkohole die anspruchsvollen Bauteile, wie beispielsweise Drosselklappen.

Mission im Millionstel

Die Drosselklappen kommen unter anderen im Ansaugtrakt der Verbrennungsmotoren bei den unterschiedlichsten Autoherstellern weltweit zum Einsatz. (Bilder: Richard Geiss)

«Mit der Umstellung auf eine neue Anlage, die mit modifizierten Alkoholen betrieben wird, haben wir völliges Neuland betreten. Und dies hat sich für uns gleich in mehrfacher Hinsicht gelohnt: Wir haben nicht nur einen stabilen Prozess, sondern arbeiten jetzt auch viel effizienter. Konkret heisst das: rund 3,5-mal mehr Durchsatz in der Entfettung im Vergleich zur alten Anlage. Zudem schaffen wir nun Bauteilsauberkeiten bis zu 200 µm. Dies konnten wir vorher nicht», ist Michael Rauschel, Produktionsleiter bei der Springfix AG, zufrieden. Unter gewissen Voraussetzungen sind auch noch höhere Bauteilsauberkeiten erreichbar.

 

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Bis zu einer halben Million Drosselklappen fahren pro Woche durch die neue Entfettungsanlage bei Springfix.

Neue Anlage sorgt für mehr Durchsatz

Zu ihrem «Glück» wurde die Springfix AG mehr oder weniger gezwungen, und zwar vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) beziehungsweise durch das Schweizer Chemikalienrecht. Denn dieses verbietet, in Anlehnung an die REACH-Verordnung seit dem 1. Dezember 2019 die Inverkehrbringung von Trichlorethylen (TRI) in der Schweiz. Und genau dieses Lösemittel war in der alten Anlage im Einsatz.

Weil die Springfix AG aber grösstenteils, nämlich zu 60%, an die Automobilindustrie liefert und jede Umstellung in diesem Sektor lange Freigabeprozesse bedeutet, wollte man nicht bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung warten. Deshalb hat das Unternehmen schon Anfang 2019 seinen Entfettungsprozess komplett umgestellt und dafür insgesamt rund 350‘000 Euro investiert. Weil die Springfix AG aber grösstenteils, nämlich zu 60%, an die Automobilindustrie liefert und jede Umstellung in diesem Sektor lange Freigabeprozesse bedeutet, wollte man nicht bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung warten. Deshalb hat das Unternehmen schon Anfang 2019 seinen Entfettungsprozess komplett umgestellt und dafür insgesamt rund 350‘000 Euro investiert.

Ende Dezember 2018 kam die neue Anlage «EcoCcore» von Ecoclean, die an nur einem halben Tag installiert wurde. «Wir konnten die Anlagen nicht parallel fahren. Deshalb musste der Wechsel schnell gehen», verdeutlicht Michael Rauschel. «Pünktlich zum Jahresbeginn sind wir Anfang Januar 2019 dann auf der neuen Anlage gestartet.» Anschliessend folgten die Freigabeprozesse bei den Kunden.

Mit der neuen Anlage schafft die Springfix AG rund den 3,5-fachen Durchsatz im Vergleich zur alten Anlage mit Trichlorethylen. «Wir haben sogar noch freie Kapazitäten zur Lohnentfettung, und zwar rund 40 h in der Woche. Denn im Moment ist unsere Anlage nur zwischen 60 und 70% ausgelastet», betont Hanspeter Oberthaler, Leiter Teilefinish/Weiterbearbeitung bei Springfix. Allein von der Produktgruppe Drosselklappen werden neben vielen anderen Bauteilen bis zu einer halben Million Stück pro Woche durch die neue Entfettungsanlage gefahren. Diese Drosselklappen kommen später unter anderem im Ansaugtrakt der Verbrennungsmotoren bei den unterschiedlichsten Autoherstellern überall auf der Welt zum Einsatz.

 

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Der in der Anlage eingesetzte modifizierte Alkohol «RG Cleaner 63» reinigt die Drosselklappen perfekt ab.

Für ein stabiles Lösemittelbad

«Diese Bauteile sind extrem anspruchsvoll mit Ebenheiten von maximal fünf Hundertstel Millimetern und wenigen Mikrometern im Aussendurchmesser», erklärt Michael Rauschel. Dass die Drosselklappen perfekt gereinigt werden, dafür sorgt der modifizierte Alkohol «RG Cleaner 63» der Richard Geiss GmbH. Er entfernt neben vorwiegend polaren Verunreinigungen auch unpolare Stoffe wie Fette und Öle zuverlässig.

Für ein stabiles Lösemittelbad hat die Springfix AG zudem den von der Richard Geiss GmbH neu entwickelten Stabilisator «Cleanstab S» in der Entfettungsanlage im Einsatz. Als Sumpfstabilisator stoppt er die Säurebildung in der Reinigungsanlage und reduziert bereits gebildete Säuren. Dies verhindert die Versäuerung oder sogar Selbstzersetzung des eingesetzten Lösemittels in der Reinigungsanlage und erhöht die Standzeit der modifizierten Alkohole.

 

Halbierter Lösemittelverbrauch bei fast verdoppeltem Anlagevolumen

Dass ein stabiler Prozess entstanden ist, zahlt sich für Springfix sprichwörtlich aus: «In der alten Anlage kam es schon vor, dass das Lösemittel gekippt ist. Dann mussten rund 800 l Lösemittel ausgetauscht werden. Dies ist ein echter Kostenfaktor», betont Michael Rauschel. Zudem hat sich durch die Umstellung der generelle Verbrauch an Lösemittel halbiert und dies, obwohl sich das Anlagenvolumen von 800 auf 1400 l fast verdoppelt hat. «Früher brauchten wir vier bis sechs Fässer TRI jährlich. Jetzt kommen wir bei vergleichbarer Produktionsmenge mit zwei Fässern RG Cleaner 63 gut durchs Jahr. Das ist Effizienz pur», freut sich der Michael Rauschel. Beliefert wird Springfix von der Thommen-Furler AG, mit Sitz in Rüti bei Büren. Sie ist seit den Neunzigerjahren Vertriebspartner der Richard Geiss GmbH in der Schweiz.

 

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Die Lösemitteltanks befinden sich auf der Rückseite der Reinigungsanlage «EcoCcore» von Ecoclean.

Umfangreiche Analysen und Lösemittelüberwachung

Den Bedarf an Lösemitteln und Stabilisatoren ermitteln die Spezialisten von Richard Geiss für jede Anlage und jeden Kunden individuell. So auch bei der Springfix AG. «Alle Öle, die auf der Anlage gefahren werden, haben wir bei uns im firmeneignen Labor mittels Kochtest analysiert», erklärt Manuel Huihui, der im Aussendienst für den internationalen Vertrieb bei der Richard Geiss GmbH im Einsatz ist. «Gerade auch nach der Umstellung auf die neue Anlage bei Springfix haben wir das Lösemittelbad sehr engmaschig kontrolliert.» Engmaschig heisst: einmal im Monat. Mittlerweile genügt eine vierteljährliche Serviceanalyse.

Längst haben die Mitarbeiter von Springfix das Lösemittelbad in der Entfettungsanlage selbst im Griff. Einmal pro Woche überprüfen von Geiss geschulte Mitarbeiter mithilfe des Quick-Testkoffers von Geiss das Anlagenbad. Der Quick-Test dient der Lösemittelüberwachung und Badpflege. Er hilft, freie Säuren und die Alkalität zu bestimmen. Zudem ermöglicht er einen Test des Lösemittels auf Chloride. Im Falle eines Falles kann Springfix bei kleineren Unregelmässigkeiten selbst nachjustieren.

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Hanspeter Oberthaler, Abteilungsleiter bei Springfix, entnimmt Lösemittelproben aus der Anlage für die Serviceanalyse im firmeneigenen Labor der Richard Geiss GmbH.

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Für einen stabilen Entfettungsprozess stehen Manuel Huihui, Aussendienst bei Richard Geiss (links), Springfix-Abteilungsleiter Hanspeter Oberthaler (Mitte) und Produktionsleiter Michael Rauschel (rechts) in engem Austausch (v.r.).

«Richard Geiss hat uns hier im Rahmen von Schulungen sehr gut eingearbeitet. Die tolle fachliche Beratung und Betreuung sowie das Lösemittel-Know-how waren letztendlich mit ausschlaggebend dafür, dass wir uns für dieses Unternehmen entschieden haben. Nicht nur als Lösemittelhersteller, sondern auch als Partner, mit dem wir diesen für uns doch beträchtlichen Umstellungsprozess erfolgreich umgesetzt haben», ist Michael Rauschel zufrieden.

Die Springfix AG in Kürze
Die Springfix AG steht für moderne Umformtechnik und spanabhebende Weiterverarbeitung in der Mittel- und Grossserienproduktion. Das Unternehmen beliefert weltweit Automobilzulieferer, Gebäudeausstatter und die Elektroindustrie. Vom Engineering und der Konstruktion über den hauseigenen Werkzeugbau, die Fertigung bis hin zu Logistik und Service bekommen die Kunden alles aus einer Hand. Das Leistungsangebot umfasst Normalstanzen von 200 bis 4000 kN Presskraft, Know-how im Biegen und Ziehen, die Verarbeitung von lackierten, galvanisierten oder gebürsteten Bandoberflächen sowie spanabhebende und oberflächenbehandelnde Folgearbeitsgänge. Ein breites Werkstoffspektrum von Stahl, Aluminium über rostfreie Stähle bis hin zu Kupferlegierungen und Messing runden das Portfolio ab. Am Firmensitz beschäftigt das Unternehmen rund 50 Mitarbeiter.
Die Richard Geiss GmbH in Kürze
Die Richard Geiss GmbH ist einer der europaweit führenden Spezialisten im Bereich der Lösemittel-Rückgewinnung. Sie produziert aus Lösemittelabfällen hochreine Destillate durch destillative Aufarbeitung. Das Unternehmen liefert Lösemittel in die industrielle Oberflächenreinigung, in die Textilreinigung, sowie in die chemische und pharmazeutische Industrie. Die Lohnentfettung rundet das Leistungsspektrum als viertes Geschäftsfeld ab.
Das Unternehmen beschäftigt in Offingen rund 110 Mitarbeiter. Es hat eine genehmigte Aufbereitungskapazität von 50‘000 t Lösemittel pro Jahr, die zu hochreinen Destillaten aufbereitet werden und ist nach ISO 9001, ISO 14001, OHSAS 18001 sowie als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert. Das Familienunternehmen wurde 1959 von Richard Geiss gegründet und wird heute von Bastian Geiss und seine Schwester Nathalie Geiss-Zinner in dritter Generation geführt.