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11 Juli 2013 | Oberflächen POLYSURFACES 02/2013 | Reinigung

Mit Schnee zu höchster Reinheit

Doris Schulz

Sensoren, die in Fahrzeugen Drücke überwachen, sind funktionskritisch. Entsprechend hoch sind die Sauberkeitsanforderungen. Um die Vorgabe «kein Partikel grösser 200 µm» prozesssicher zu erfüllen, investierte ein weltweit führender Sensorhersteller in ein CO-Schneestrahl-Reinigungssystem mit vollautomatischem Teilehandling.
Mit einer breiten Palette innovativer, kundenspezifischer Sensoren und Kontrollgruppen für funktionskritische Anwendungen zählt die Sensata Technologies Holding N.V. zu den weltweit führenden Unternehmen in diesem Bereich. Die Produkte kommen in Automobilen, Flugzeugen und Elektromotoren zum Einsatz. Im Personenwagen überwachen Mittel- und Hochdrucksensoren unter anderem Drücke im Common-Rail-, Kraftstoff- und Ölsystem sowie im Antriebsstrang. Sie sind hinter den jeweiligen Filtersystemen montiert und erfüllen funktionsentscheidende Aufgaben.
«Von Automobilherstellern und Tier-1-Zulieferern, speziell aus dem europäischen Raum, haben wir die Vorgabe erhalten, dass die Sensoren keine Partikel grösser als 200 µm aufweisen dürfen. Betroffen davon ist neben den neuen Generationen der Hochdrucksensoren für Common-Rail-Applikationen und der Mitteldrucksensoren für Anwendungen im Kraftstoff-, Öl- und Antriebssystem die laufende Produktion am Standort Malaysia. Dieser Sauberkeitswert liess sich mit der bisher eingesetzten Wasserstrahlreinigung jedoch nicht erreichen», berichtet Sander Slaa, Prozessingenieur Sensorprodukte Europa bei der Sensata Technologies Holland N.V. in Almelo.
 
Zur Reinigung entnimmt der Greifmechanismus jeweils zwei Sensoren aus den Trays.
 

Verbesserung der Teilesauberkeit
Da die CO₂-Schneestrahltechnik in einem Unternehmensbereich in Mexiko für die Reinigung keramischer Oberflächen im Einsatz ist, sah man darin einen Ansatz zur Verbesserung der Sauberkeit in der Sensorproduktion. Nach einer Internetrecherche wurden verschiedene Hersteller von Schneestrahl- und Trockeneis-Reinigungssystemen kontaktiert. «Die Leistungsfähigkeit des CO₂-Schneestrahlsystems von acp hat uns überzeugt. Zudem verfügt dieses Unternehmen bereits über Erfahrung in der Automobilindustrie und ist in Europa ansässig, was die Prozess­entwicklung für uns vereinfachte», erklärt Dennis Giesen, Produktmanager Sensorprodukte Europa.
Das gute Reinigungsvermögen des Verfahrens basiert auf der patentierten Überschall-Zweistoffringdüse. Durch sie wird flüssiges Kohlendioxid geleitet, das beim Austritt zu einem Schnee-Gas-Gemisch entspannt. Diesem Kernstrahl wird Druckluft als Mantelstrahl zugeführt, der die CO₂-Schneekristalle auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. Der ungiftige und nicht brennbare CO₂-Schnee entfernt durch die Kombination mechanischer, chemischer sowie thermischer Eigenschaften feste und filmische Verunreinigungen trocken und rückstandsfrei. Trifft der gut fokussierbare Strahl auf die zu reinigende Oberfläche, verflüssigen sich die Schneekristalle und sublimieren nach dem Aufprall. Der dabei entstehende Sublimationsimpuls löst die anhaftenden Metall- und Kunststoffpartikel ab. Die geringe Härte der winzigen Schneekristalle gewährleistet die schonende und gleichzeitig reproduzierbare Reinigung der empfindlichen und teilweise sehr filigranen Sensoroberflächen.
 
Der gut fokussierbare CO₂-Strahl entfernt filmische und partikuläre Verunreinigungen von den Sensoren.
 

Prozessentwicklung unter Reinraumbedingungen
Zur optimalen Anpassung des Verfahrens an die Anforderungen von Sensata erfolgten zunächst Versuche im Technikum von acp in einer normalen Umgebung. Um umgebungsbedingte Einflüsse weiter zu minimieren, regte der Anlagenhersteller an, zusätzliche Tests mit der Abteilung Reinst- und Mikroproduktion am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart durchzuführen. Dafür wurde dort ein Schneestrahlsystem aufgestellt. «Am IPA stand einerseits eine Reinraumumgebung zur Verfügung, die eine umgebungsbedingte Verschmutzung der Sensoren während und nach der Reinigung verhindert. Andererseits konnten dort die Sauberkeitskontrollen entsprechend der VDA 19 beziehungsweise ISO 16232 durchgeführt werden. Sie belegten, dass wir die geforderte Sauberkeit reproduzierbar erzielen», erzählt Sander Slaa.
Eine weitere Vorgabe von Sensata bestand darin, dass die Teile nach der Reinigung nicht mehr manuell gehandhabt werden dürfen. «Die Sensoren werden nach der Endinspektion gereinigt und anschliessend verpackt. Aus dem bisherigen Reinigungsprozess unserer Hochdrucksensoren wissen wir, dass manuelle Eingriffe zwischen der Reinigung und Verpackung das Risiko einer Rekontamination beinhalten und daher einen grossen Einfluss auf die Teilesauberkeit haben», beschreibt Dennis Giesen.
 
Nach der Reinigung werden die Sensoren in speziellen Reinteiltrays abgelegt, die über ein zweites Schubladensystem zugeführt werden.
 

Anlagenkonzept mit vollautomatischem Teilehandling
Um diese Anforderungen umzusetzen, entwickelten acp und das ebenfalls zur ACI-Group gehörende Automatisierungsunternehmen Day4 ecoTec ein massgeschneidertes Anlagenkonzept. Es basiert auf einem nur etwa 3 x 1,5 m grossen Standardmodul, in das der CO₂-Schneestrahlprozess integriert ist. Die hermetisch geschlossene Reinigungszelle steht bei Sensata Malaysia in einem Sauberraum und verfügt über eine Filter-Fan-Unit für die Reinluftversorgung. Ausgestattet ist das Modul auch mit einer Medienaufbereitung für das flüssige Kohlendioxid und die Druckluft. Die kompakte Plug-and-Play-Lösung bietet zudem den Vorteil, dass die Pneumatik- und Elektroschaltschränke vollständig integriert sind.
Die Beschickung der Anlage erfolgt durch eine nach dem Poka Yoke-Prinzip gestaltete Schubladeneinheit mit konsequenter Trennung nicht gereinigter und sauberer Werkstücke. In die Schubladen werden Trays eingestellt, in denen sich schmutzige Sensoren in einer definierten Position befinden. Sobald die jeweilige Schublade in Position ist, entnimmt eine an einer Lineareinheit platzierte Aufnahme zwei Sensoren und transportiert diese in die Reinigungseinheit, wo sie von einem speziellen Greifmechanismus übernommen werden. Anschliessend strahlen jeweils zwei Düsen in einem definierten Winkel auf die Sensoren, die sich während des Reinigungsprozesses drehen.
Um sicherzustellen, dass eine optimale Reinigungswirkung erzielt wird, überwacht ein inline positionierter Sensor den CO₂-Schneestrahl kontinuierlich. Abgereinigte Partikel werden sofort gezielt über ein Abluftmodul aus der Reinigungszelle entfernt. Nach der Reinigung übergibt der Greifmechanismus die Sensoren wieder an die Linearaufnahme. Dabei wird strikt zwischen «Schmutzigteilen» und «Sauberteilen» getrennt, um eine Rekontamination nach der Reinigung auszuschliessen.
Die Sensoren werden in spezielle, über ein zweites Schubladensystem zugeführte Reinteiletrays abgelegt. Dieser Prozess dauert rund 10 s, so dass eine Taktzeit von nur 5 s/Sensor erreicht wird. «Wir vergleichen Anbieter weltweit und denken, acp ist eines von sehr wenigen Unternehmen, das eine solche Aufgabe lösen kann», sind sich Dennis Giesen und Sander Slaa einig. Dafür spricht auch, dass Sensata mit acp und Day4 ecoTec bereits an weiteren Projekten arbeitet.
 
acp – advanced clean production GmbH
Betriebsstätte Dürrn
D-75248 Ölbronn-Dürrn
Tel. +49 7237 442 941 60
Fax +49 7237 442 941 69
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www.acp-micron.com
 
Day4 ecoTec GmbH
Albring 18
D-78658 Zimmern ob Rottweil
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Fax +49 741 175 115 170
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