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03 März 2017 | Oberflächen POLYSURFACES 06/2016 | Prétraitement

Präzisions- und Feinreinigung: Anforderungen an Chemie und Verfahren

Ulrike Kunz

In der Präzisions- und Feinstreinigung wie zum Beispiel bei der Herstellung von Bauteilen hoher Funktionsdichte und medizintechnischer Produkte oder vor dem Aufbringen funktionaler Beschichtungen (PVD/CVD-Prozesse), sind die Qualitätsvorgaben in Bezug auf Restschmutz besonders hoch. Denn bereits geringste Verunreinigungen können zum Ausfall eines Bauteils führen, was gerade bei sicherheitsrelevanten Bauteilen unbedingt zu vermeiden ist. Dies stellt für die Teilereinigung eine besondere Herausforderung dar. Reinigungsmedien, Anlagen und die Aufbereitung sowie Mess- und Prüftechnik müssen sorgsam aufeinander abgestimmt sein.
 

Bild 1: Aufbau eines Partikelfilters für die Fein- und Feinstreinigung. (Bild: Mahle Industriefiltration)
 

 
Was bedeutet das im Einzelnen?
Für die wässrige Reinigung ist das geeignete Medium notwendig. Die richtige Auswahl erfordert nicht nur die Kenntnis des zu reinigenden Grundmaterials und der zu entfernenden Verschmutzung, sondern auch des Verfahrens, das heisst Anlagentechnik, Aufbereitungsmethode und Prozessüberwachung.
Während Leicht- und Buntmetalle neutral, mild alkalisch oder sauer behandelt werden, wählt man für Stahl und Edelstahl oder auch Magnesium eher alkalische bis hoch alkalische Medien aus. Je höher die Alkalität des Reinigers ist, desto mehr Augenmerk muss man auf die Spültechnik legen. Alkalische Reiniger sind schwieriger abzuspülen als neutrale oder saure, das heisst, die Spülintensität ist an den ausgewählten Reiniger anzupassen.
Für eine geforderte Partikelfeinheit spielt die Filtertechnik eine wichtige Rolle. Eine Partikelfeinstfiltration bis zu 1 µm kann beispielsweise mit hocheffizienten plissierten Kerzenfiltern mit mehrschichtigem Filteraufbau realisiert werden (Bild 1). Zur Entfernung von Öl und Kühlschmieremulsionen sowie feinstem Partikelschmutz kommen Ultra- oder Mikrofiltrationen mit Porengrössen von 0,05 bis 0,2 µm zum Einsatz.
 
Bild 2: Tensidbestimmung mittels Blasendrucktensiometrie. (Bild: Sita Messtechnik)
 

 
Tenside werden ausgefiltert
Während des Filtrationsprozesses werden allerdings nicht nur Verunreinigungen entfernt, sondern auch Reinigerbestandteile. Vor allem Tenside können an eine Filteroberfläche adsorbiert werden oder eine Mikro- oder Ultrafiltrationsmembran nicht oder nicht vollständig passieren. Das ist besonders bei Spritztensiden der Fall. Eine Besonderheit dieser Tenside ist ihr Trübungspunkt, das heisst die Temperatur, ab der ein Spritztensid schaumfrei arbeitet. Unterhalb dieses Trübungspunktes sind die Tenside klar gelöst und permeieren gut; oberhalb des Trübungspunktes sind sie nicht mehr vollständig gelöst sondern liegen in feinsten Tröpfchen vor.
Die Membran unterscheidet dann nicht zwischen feinsten Öl- oder Tensidtröpfchen. Das heisst, neben dem Öl werden auch Tenside aus dem Reinigungsprozess entfernt. Die Reinigungsleistung sinkt, während die Grundreinigerbestandteile wie Lauge, Phosphate usw. die Membran nahezu vollständig passieren. Zudem binden sich Tenside an das eingetragene Öl (Spritztenside stärker als Tauchtenside).
 
Bild 3: Beispiel einer Messkurve für die Tensidmessung mittels Blasendrucktensiometrie. (Bild: SurTec)
 

 
Modulare Reinigungssysteme
Die beste Lösung, um die Reinigungswirkung konstant zu halten, ist der Einsatz so genannter modularer Reinigungssyteme. Damit ist es möglich, genau die Bestandteile nachzudosieren, die verbraucht wurden und somit die Reinigungsleitung konstant zu halten.
Analytisch ist dies leicht zu kontrollieren. Inzwischen gibt es vielfältige Methoden, Grundreiniger (Builder) und Tensid separat zu analysieren. Als Beispiele seien hier die Titration, die Leitfähigkeitsmessung, die photometrische Phosphatbestimmung beim Einsatz eines phosphathaltigen Reinigers sowie die Messung der Schallgeschwindigkeit (Builder), die Photometrie und die Blasendrucktensiometrie (Tenside) genannt (Bild 2 und 3).
Zusätzlich lässt sich auch die Verunreinigung im Bad sowie die Spülbadqualität überwachen. Öl- oder emulsionsartige Verschmutzungen können beispielsweise mit Röntgenfluoreszenz gemessen und damit Filtrations- oder auch Neuansatzintervalle festgelegt werden. Der Vorteil besteht dabei darin: Es wird nicht mehr «aus dem Bauch heraus» gewechselt. Dies sichert die Qualität und spart Kosten (Bild 4).
 
Bild 4: Prinzip der Badverschmutzungskontrolle. (Bild: Sita Messtechnik)
 
 

Anlagenkonzept
Auch die Konzeption der Anlage ist bei der Feinst- und Präzisionsreinigung ausserordentlich wichtig. Runde Reinigungs- oder Vorratsbehälter, entsprechende Einbauten, Bleche usw. minimieren die Ansammlung bereits abgereinigter Partikel und verhindern, dass sich diese wieder auf die bereits gereinigte Ware legen. Die Filtration der Trocknungsluft oder das Verhindern des Eindringens von Umgebungsluft durch Überdruck sind ebenso notwendig wie das Einrichten eines entsprechenden Anlagenumfelds (Sauberzonen, Reinraum).
Zum zusätzlichen Aufbereitungs- und Anlagenaufwand kommt, dass die Chargenmengen der Teile häufig niedriger und die Behandlungszeiten länger sind als in so genannten Standardanwendungen. Häufig muss bereits eine Vorreinigung stattfinden, um mit weniger Schmutzfracht in die Feinstreinigungsanlage zu gehen. Zusätzliche Arbeitsschritte sind die Folge.
Dazu kommt, dass hier meistens nicht mit Standardreinigungskörben gearbeitet werden kann, sondern Sonderausführungen nötig sind, die zum Beispiel den ungehinderten Zugang des Ultraschalls oder die bestmögliche Durchflutung ermöglichen. Dies kann einen zusätzlichen Handlingsaufwand für die Bestückung der Teile erfordern. Natürlich kann eine solche Anlage auch nicht mehr für andere Zwecke genutzt werden, das heisst «eben mal was anderes durchfahren» geht nicht.
Dies bedeutet für die Betriebe einen hohen Invest: Im Vergleich zum Standard muss man je nach Sauberkeitsanforderung mit bis zu doppelten Beschaffungskosten für eine Anlage rechnen. Betrachtet man auch die Nebenkosten - geringere Chargenmenge, längere Taktzeiten, Aufwand für Reinigungsbehältnisse, zusätzliches Handling usw. - können die Kosten leicht den Faktor 10 bis 20 erreichen. Die Darlegung der Kostenseite beim Kunden kann hier sensibilisieren, Reinheitsanforderungen nicht ohne Not hochzuschrauben beziehungsweise anzupassen.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die Methodik der Sauberkeitsanalyse zwischen Anlagenbetreiber und Endkunden unbedingt abgestimmt sein sollte. So kann eine Reinigungsanlage, die im Spritzen oder mit Druckumfluten betrieben wird, nicht unbedingt die Forderung einer Restschmutzuntersuchung, die mit Ultraschall durchgeführt wird, erfüllen.
 
Zusammenfassung
In der Präzisions- und Feinreinigung ist wie in allen anderen Bereichen der industriellen Bauteilreinigung die Betrachtung der gesamten Prozesskette sowie die Kenntnis und Abstimmung von Chemie, Verfahren und Prüftechnik unbedingt notwendig, um eine qualitätssichernde Prozessführung zu etablieren und die Bauteilsauberkeit stabil zu sichern.
 
Ulrike Kunz
Leitung Technical Center
SurTec Deutschland GmbH
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