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04 Dezember 2018 | Oberflächen POLYSURFACES 03/2018 | Oberflächenbehandlung

Robotergestützte Anlage für perfekten Schliff

Mit dem Bau einer neuen Halle stellte slowakische Tier-1-Druckgusszulieferer auch seine Produktion auf den Prüfstand, mit dem Ziel, die Prozesse zu optimieren. In diesem Zusammenhang suchte das Unternehmen nach einer Lösung, Karosserieteile – so genannte Gehängeaufnahmen – mit komplexen Geometrien automatisiert zu schleifen. Die Ansprüche waren klar definiert: Die Teile müssen grat- und Brandriss frei sein, um sie anschliessend problemlos zu verkleben. Darüber hinaus sollte die Anlage zuverlässig mit hoher Leistung fahren: Alle 140 s müssen je zwei linke und rechte Gehängeaufnahmen fertig geschliffen sein.
 
Blick auf die Gesamtanlage zum Schleifen von Al-Strukturbauteilen bei einem Tier-1-Zulieferer in der Slowakei. (Bilder: SHL)
 
 

Eine der grössten Anlagen der Firmengeschichte
Insgesamt acht Wettbewerber nahmen an der Ausschreibung teil. Das Rennen machte schliesslich die SHL AG. «Wir hatten schnell eine Grundidee entwickelt und diese präsentiert. Technologisch lagen wir vorne, und die Verantwortlichen waren von der Konzeption überzeugt», schildert Wilhelm Tillinger vom technischen Vertrieb bei SHL. Mit entscheidend für den Zuschlag waren positive Erfahrungen, die der Zulieferer in früheren Projekten mit SHL sammeln konnte. Damit war der Startschuss für eine der grössten Anlagen gefallen, die der Automatisierungsspezialist in seiner Firmengeschichte gebaut hat.
Die Anlage hat eine Gesamtlänge von 35 m. Die Handlingroboter verfahren auf zwei rund 26 m langen Achsen und bestücken die Schleifzellen, von denen sich insgesamt vier auf jeder Seite befinden. Auf der einen werden die Komponenten für den Einbau im linken, auf der anderen für den Einsatz im rechten Pw-Teil bearbeitet. Jeweils zwei sind zu einer Zelleneinheit zusammengefasst. So kann die Anlage auf jeder Seite zwei Werkstücke parallel schleifen. «Damit stellen wir die hohe Ausbringung sicher», sagt der SHL-Projektleiter Daniel Welte. Um einen durchgehenden Prozess zu realisieren, bestücken die sechsachsigen Industrieroboter immer zuerst die vordere, von der Entnahmestelle weiter entfernte Einheit. In der einen Zelle wird zunächst die Innenseite der Strukturbauteile, in der benachbarten Zelle nach der Übergabe die Aussenseite bearbeitet.
 
Der Roboter führt die Al-Strukturbauteile an die einzelnen Bearbeitungsstationen und übergibt dann per Shake Hand an Roboter Nummer 2 in der Nachbarzelle.
 
 

Herrin der Anlage ist die SPS
Gabelstapler fahren die Gehängeaufnahmen nach der Wärmebehandlung in den Wärmebehandlungsgestellen in den Ladesektor mit drei Zonen. Ein Sicherheitssystem sorgt dafür, dass sich der Roboterschutzzaun erst dann öffnet, wenn der Bedienerbereich geschlossen ist. Jedes Teil wird über einen Data Matrix Code identifiziert. Die Informationen werden an das MES-System weitergeleitet, was die Rückverfolgbarkeit sicherstellt. «Herrin über die Anlage ist die SPS. Sie übermittelt die Daten an den Roboter, der dann gezielt die richtigen Werkstücke entnimmt und sie den Zellen zuführt», schildert Daniel Welte. Diese Lösung verhindert, dass Teile falsch bearbeitet werden. Die SPS gibt zudem vor, aus welchen der drei Boxen Teile zu entnehmen sind.
Der Handlingroboter legt jedes Werkstück definiert ab. Anschliessend greift es der Bearbeitungsroboter und schwenkt das 8,5 kg schwere Bauteil zunächst an eine Freiband- und Kontaktrollen-Schleifmaschine FKS250/450 ROB sowie zur weiteren Bearbeitung an eine zweite Maschine gleichen Typs. Danach führt der Roboter das Bauteil präzise an ein Doppelbürstaggregat DP550/100. Eine Entgratspindel übernimmt Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen der Aufnahmen. Sind alle Prozesse erfolgreich abgelaufen, übergibt der Roboter das Bauteil per Shake Hand direkt an seinen «Kollegen» in der zweiten Zelleneinheit. Hier bearbeiten die gleichen Maschinentypen nun die Bauteil-Aussenseiten.
 
Die Al-Strukturbauteile erhalten den perfekten Schliff und erfüllen die geforderten Oberflächengüten.
 
 

Shake Hand als Herausforderung
Im Anschluss legt der Roboter das fertige Werkstück auf ein Band, wo es zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung gestellt wird. SHL hat über das MES sieben mögliche Fehlerquellen definiert. Dazu gehören Bandriss oder Motorüberlastung. Ist der Prozess reibungslos abgelaufen, landet das Werkstück auf dem i.o.-Band. Andernfalls nutzt der Roboter die Parallelablage, und es muss nachgearbeitet werden. Eine besondere Herausforderung war die reibungslose Bauteilübergabe zwischen der Innen- und Aussenbehandlung. «Beim Weiterreichen mittels Shake Hand sind die beiden Roboter direkt voneinander abhängig. Es gibt keine Pufferzone. Deswegen müssen die Taktzeiten genau passen», bemerkt Daniel Welte.
SHL hat in die Slowakei eine komplette Fertigungslinie geliefert. Sie enthält das Teilehandling, die Be- und Entladung, den Bearbeitungsprozess sowie die Absaugung von Stäuben. Die erste Linie wurde im Oktober 2016 geliefert, die zweite folgte im Februar 2017. Die höchste Ausbringung soll dieses Jahr erreicht werden. Die Anlage läuft im Vierschichtbetrieb rund um die Uhr. Der Hersteller hat seine Lösung flexibel ausgelegt. Der Betreiber kann auf Wunsch auf beiden Seiten komplett linke oder rechte Bauteile fertigen, auch Mischformen sind machbar. Das Bauteil wurde in 20 Bearbeitungszonen aufgeteilt. Bei längerem Einsatz können sich die Spritzgiessformen verschlechtern. Dann treten unter Umständen grössere Brandrisse auf, die unterschiedlich verteilt sind. In einem solchen Fall kann der Betreiber gezielt nachschleifen lassen. Das von SHL erstellte Programm zeigt ihm auf anschauliche Weise, wo dies erforderlich ist.
 
Daniel Welte (links), Projektleiter bei SHL, und Wilhelm Tillinger, Technischer Vertrieb von SHL, waren massgeblich an der Realisierung der Anlage beteiligt.
 
 

Fazit
Der Tier-1-Zulieferer ist mit der SHL-Anlage vollauf zufrieden. Sie arbeitet problemlos und liefert die für die weitere Bearbeitung geforderte Oberflächengüte. Auch die Inbetriebnahme ging schnell und störungsfrei über die Bühne. Aus Sicht von Wilhelm Tillinger erfolgte die Zusammenarbeit mit den slowakischen Kollegen stets auf Augenhöhe, war partnerschaftlich und lösungsorientiert.
Ein eindeutiges Lob für die Gesamtperformance von SHL kam aus der Führungsriege des Zulieferers. «Die Zuarbeit, Unterstützung und Umsetzung bei dem umfangreichen Projekt durch das gesamte SHL-Team waren stets vorbildlich und professionell in Zielfindung und Realisierung. Wir haben einen Top-Support erhalten», heisst es von Seiten der Technikleitung.
 
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