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07 Januar 2014 | Oberflächen POLYSURFACES 05/2013 | Wärmebehandlung

Spezielle Wärmebehandlung verbessert Pumpenwerkstoffe

Thomas Kränzler und Raimo Arola

Sulzer Pumps bietet eine Vielzahl von Pumpen für korrosive und abrasive Umgebungen wie etwa chemische oder metallurgische Prozesse und anspruchsvolle Abwasseranwendungen an. Um eine hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten, ist sowohl Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der Strömungsmechanik und der Werkstofftechnik als auch detailliertes Wissen über die Anwendungen und Betriebsbedingungen erforderlich.

Hydroabrasiver Verschleiss und Korrosion können die Lebensdauer von Pumpenkomponenten erheblich verkürzen. Eine Möglichkeit, die Lebensdauer in solchen aggressiven Umgebungen zu optimieren, ist die Verwendung von speziell angepassten Hydrauliken oder Dichtungen. Darüber hinaus spielt die Wahl geeigneter Werkstoffe eine entscheidende Rolle bei der Verlängerung der Wartungsintervalle einer Pumpe.
 

Die Giesserei von Sulzer in Karhula (Finnland) stellt Edelstahlgehäuse für Pumpen, Mischer und Rührwerke her.
 

Spezialisierte Giesserei
Der heute unter korrosiven und erosiven Bedingungen am häufigsten eingesetzte Werkstoff ist Duplexstahlguss gemäss den Normen von ASTM International (ursprünglich American Society for Testing and Materials). Pumpenhersteller, die ihre Werkstoffe bei kommerziellen Giessereien beziehen, müssen für ihre Komponenten auf diese Standardsorten zurückgreifen.
Sulzer hingegen betreibt eigene Giessereien in Karhula (Finnland) und Jundiaí (Brasilien). Dies bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, Legierungen und Verfahren zur Materialbehandlung zu entwickeln, die kommerzielle Giessereien nicht anbieten. Die Giesserei in Karhula liefert hochwertige Gussteile aus korrosionsbeständigem Stahl und Spezialgusseisen. Von den rund 30000 jährlich produzierten Gussteilen werden fast 90% aus korrosionsbeständigen Duplex- und Superduplexstählen gefertigt.
 
Standardwerkstoffe optimieren
Duplexstahl verfügt neben seiner Korrosionsbeständigkeit über ausgezeichnete Verschleisseigenschaften, aber für einige Anwendungen reicht dies nicht. Ausscheidungshärten ist eine spezielle Wärmebehandlung, durch die sich die Eigenschaften von Dup­lexstahl ohne den Zusatz teurer Legierungselemente verbessern lassen. Dabei wird das Material durch kontrollierte Freisetzung von Bestandteilen und die Bildung von nano- und mikroskaligen intermetallischen Clustern gefestigt. Das Verfahren ist allerdings nicht auf alle Duplexsorten anwendbar. Zudem besteht die Gefahr, dass die Korrosionsbeständigkeit und die Zähigkeit des Materials beeinträchtigt werden.
Sulzer hat verschiedene Verfahren zum Ausscheidungshärten von Duplexstahl mit einem gewissen Kupfergehalt untersucht. Durch Veränderung des Kupfergehalts und der Wärmebehandlungsparameter ist es gelungen, die Verschleissfestigkeit des Materials zu verbessern, ohne seine Korrosionseigenschaften und Zähigkeit zu beeinträchtigen.
 
Sulzer untersuchte verschiedene Verfahren zum Ausscheidungshärten von Duplexstahl.
 

Unternehmenseigene Prüfkompetenz
Die Prozessparameter Erwärmungsrate, Erwärmungstemperatur, Verweilzeit und Abkühlrate beeinflussen die Grösse und die Verteilung der Ausscheidungen. Durch eine entsprechende Steuerung dieser beiden Eigenschaften lässt sich eine optimale Balance zwischen dem resultierenden Gewinn an Festigkeit und dem Verlust an Duktilität und Zähigkeit erreichen. Für die Optimierung dieser Parameter charakterisierte Sulzer die behandelten Werkstoffe mit Prüfverfahren, die von den Experten von Sulzer Innotec entwickelt wurden.
Das Ziel war es, Stahl der Sorte ASTM A-890 Grade 1B (Duplexstahl mit einem gewissen Kupferanteil) für den Einsatz in anspruchsvollen Pumpanwendungen anzupassen. Dabei wurden folgende Parameter verändert:
  • Kupfergehalt
  • Lösungsglühtemperatur des Grundmaterials
  • Erwärmungsrate
  • Behandlungstemperatur für das Ausscheidungshärten
  • Verweilzeit
  • Abkühlrate
Verbesserte Härte
Die Prüfungen haben gezeigt, dass es nur einen schmalen Temperaturbereich gibt, in dem die Härte und die Zähigkeit optimiert werden können. Dieser ist auf beiden Seiten durch die Ausscheidung schädlicher intermetallischer Verbindungen (spröde metallische Strukturen) begrenzt. Doch innerhalb dieses Prozessfensters lassen sich die Härte und Zähigkeit durch die Wahl der geeigneten Verweilzeit über einen weiten Bereich optimieren (Bild 1).
Die mit Hilfe eines Hochgeschwindigkeits-Schlammstrahls gemessene Aushärtung führt zu einer erheblichen Verbesserung der Verschleissfestigkeit im Vergleich zum Referenzmaterial, das nur lösungsgeglüht wurde. Eine Korrosionsprüfung des ausscheidungsgehärteten Stahls zeigt nur geringfügige relative Veränderungen.
 
Bild 1: Die Härte und Zähigkeit des Stahls lässt sich durch Veränderung der Härtungstemperatur und der Verweilzeit steuern.
 

Verlängerte Pumpenlebensdauer
Sulzer hat den wärmebehandelten Werkstoff erfolgreich in Pumpanwendungen mit korrosiven Medien eingesetzt, die mässig abrasive Feststoffe wie reine Salzkristalle enthalten. Die typische Wahl für solche Anwendungen ist die Ahlstar-Prozesspumpe vom Typ WPP mit verschleissfester Hydraulik. Der Spezialwerkstoff wird für das Laufrad und die Seitenplatte – den normalerweise am stärksten verschleissenden Teilen – oder für alle benetzten Teile verwendet.
Ein Anwendungsbeispiel für die Pumpen aus diesem neuen Material ist der zweite Absorptionsschritt zur Herstellung von Fluorsalzen im Rahmen der Phosphordüngemittel-Produktion. Wie bei den meisten chemischen Prozessen sind bei dieser Anwendung die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Pumpen entscheidend für die Produktion. Die geförderte Flüssigkeit ist korrosiv und enthält feine abrasive Partikel.
 
Erhöhung der Prozesszuverlässigkeit
Der Betreiber einer Produktionsanlage für Düngemittel wollte die ursprünglich installierten Pumpen aufgrund ihrer unzureichenden Lebensdauer ersetzen. Sie waren mit Stopfbuchspackungen ausgestattet. Diese Dichtungsart arbeitet mit einer Schmierflüssigkeit und war nicht in der Lage, die Pumpen zuverlässig gegen das aggressive Medium abzudichten. Da der Kunde bereits positive Erfahrungen mit dem Einsatz von Sulzer-Pumpen im ersten Absorptionsschritt gemacht hatte, beauftragte er Sulzer mit dem Austausch der Pumpen für den zweiten Schritt.
Auf der Grundlage der Erfahrungen, die mit den Pumpen im ersten Absorptionsschritt zur Herstellung von Fluorsalzen gemacht wurden, wählte man eine verschleissfeste Pumpe vom Typ WPP mit einem offenen Laufrad und einer dynamischen Dichtung. Diese Dichtungen arbeiten sehr zuverlässig mit korrosiven und abrasiven Medien. Die Pumpen bestehen aus einem abscheidungsgehärteten Material mit einer Härte von 300 HBW und arbeiten nahe an ihrem Betriebspunkt, was für einen effizienten hydraulischen Betrieb entscheidend ist.
In diesem Fall verbesserte die abgestimmte Kombination aus Pumpe, Werkstoff und Dichtungstyp die Zuverlässigkeit des Gesamtprozesses. Somit reduzierten sich die Ausfallzeiten und verlängerten sich die Reparaturabstände. Nach der erfolgreichen Installation der ersten Pumpe sind inzwischen mehrere Pumpen aus wärmebehandeltem Stahl in der gleichen Düngemittelproduktionslinie im Einsatz.
 
Copyright Sulzer Technical Review, Sulzer Management Ltd. Winterthur
 
Was ist rostfreier Duplexstahl?
Die Korrosionsbeständigkeit von rostfreien Stählen basiert auf einem hohen Chromanteil (mehr als 12%). Dadurch bildet sich eine Schutzschicht aus Chromoxid auf der Oberfläche, die weiteres Korrodieren verhindert. Durch Legieren mit anderen Elementen wie Nickel, Molybdän, Stickstoff, Titan und Mangan lassen sich die mechanischen und chemischen Eigenschaften von rostfreien Stählern über einen weiten Bereich optimieren.
Rostfreie Stähle werden nach ihrer Kristallstruktur in vier Kategorien eingeteilt:
  • Rostfreie austenitische Stähle (kubisch-flächenzentrierte Struktur)
  • Rostfreie ferritische Stähle (kubisch-raumzentrierte Struktur)
  • Rostfreie martensitische Stähle (tetragonal-raumzentrierte Struktur)
  • Rostfreie Duplexstähle (Mischung aus Austenit- und Ferritphasen)
 
Die austenitischen Sorten sind am weitesten verbreitet, doch die Duplexsorten spielen für industrielle Pumpenanwendungen eine bedeutende Rolle. Aufgrund ihren zweiphasigen Gefüges aus Austenit- und Ferritkörnern verbinden Duplexlegierungen die Vorteile beider Stahlgruppen miteinander. Sie sind etwa doppelt so fest wie rein austenitische Stähle, bieten eine erheblich bessere Zähigkeit und Duktilität als ferritische Sorten und übertreffen austenitische Stähle in ihrer Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion. Dabei stehen diesen Vorteilen keine höheren Kosten gegenüber. Durch die höhere Streckgrenze kann die Materialstärke von Komponenten im Vergleich zu austenitischen Sorten häufig reduzierte werden. Zudem haben Dup­lexstähle einen geringeren Anteil an teurem Nickel und Molybdän als austenitische Stähle. Dies macht sie zu einer kostengünstigen und gewichtssparenden Alternative für viele Anwendungen.
 

Duplexstahl verbindet zwei verschiedene Phasen: Austenit (weisse Bereiche) mit einer Ferrit-Matrix (graue Bereiche).

 
 
 
Thomas Kränzler
Sulzer Pumps AG
Sulzer-Allee 25
8404 Winterthur
thomas.kraenzler@sulzer.com
 
Raimo Arola
Sulzer Pumps Finland Oy
P.O. Box 66
Fi-48601 Kotka
raimo.arola@sulzer.com