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15 octobre 2019 | Oberflächen POLYSURFACES 03/2019 | Technique des plasmas

Aluminium umweltfreundlich vorbehandeln

Inès A. Melamies

Ob per Hand, Tauchbad oder durch andere nass­chemische Prozesse aufgebracht - der Wunsch, Lösemittel, toxische Substanzen und zu viel Energie bei der Vorbehandlung von Werkstoffoberflächen zu vermeiden oder wenigstens zu minimieren, wächst ständig. Mit der Entwicklung einer Inline-Atmosphärendruckplasma-(AD-Plasma-)Düsentechnik machte der Anlagenbauer Plasmatreat bereits vor über 20 Jahren aus diesem Wunsch Realität.
Mit der heute weltweit in nahezu allen Industriebereichen eingesetzten «Openair-Plasma»-Technik gelang dem Unternehmen eines der wirkungsvollsten und gleichzeitig umweltfreundlichsten Verfahren zur ortsselektiven Feinreinigung und Aktivierung von Materialoberflächen (Bild 1). Atmosphärendruckplasma kann umweltschädigende oder gesundheitsgefährdende Vorbehandlungsprozesse vollständig ersetzen sowie Energieverbrauch und Betriebskosten drastisch senken.
 
Bild 1: Die «Openair-Plasma»-Technik gehört zu den wirkungsvollsten und gleichzeitig umweltfreundlichsten Verfahren zur ortsselektiven Feinreinigung und Aktivierung von Materialoberflächen. (Bilder: Plasmatreat)
 

 
Übliche Reinigungsmethoden
Die einwandfreie Verklebung von Aluminium fordert eine absolut reine Oberfläche. Eine solche ist in der Praxis jedoch selten gegeben. Stattdessen finden sich auf dem Metall häufig undefinierte Oxidschichten, hauchdünne Schichten von Staub oder Restspuren aus dem Produktionsprozess wie Trenn- und Gleitmittel, Schneidöle oder Ziehfette. Die Verunreinigungen verhindern, dass die im Aluminium vorhandene und für die Haftfestigkeit eines Klebstoffs massgeblich mitverantwortliche Oberflächenenergie zur Wirkung kommen kann. Eine Feinreinigung des Substrats ist somit zwingend erforderlich.
Die manuelle Reinigung von Aluminiumbauteilen vor der Verklebung ist selbst in der modernen Industrie noch gang und gäbe. Oft säubert dabei ein Arbeiter in einer separaten Vorbehandlungskammer täglich über viele Stunden per Hand hunderte von Teilen mit einem Lappen an den vorgesehenen Klebstellen, häufig unter Einsatz von riskanten Lösungsmitteln wie zum Beispiel Isopropylalkohol. Die Methode ist unbeständig und möglicherweise für den Bediener sogar gesundheitsschädigend. Sie ist zudem erstaunlich vor dem Wissen, dass ein manueller Reinigungsprozess niemals konstant sein und zu sicheren Ergebnissen führen kann.
Beim Auftrag von Haftvermittler oder Korrosionsschutz für diese Klebflächen geht man mit der Nass­chemie oft noch weit grosszügiger um: Bauteile werden im Ganzen in lösemittelhaltige Bäder getaucht, obwohl meistens nur ein minimaler Anteil ihrer Oberfläche zur Verklebung überhaupt einer solchen Vorbehandlung bedürfte. Tauchverfahren sind nicht nur mit hohen Einrichtungs- und Entsorgungskosten sowie aufwendigen Schutzmassnahmen verbunden, auch können sie im Fall einer Wärmetrocknung die Vorbehandlung eines Bauteils zu einem äusserst energieintensiven Prozess machen.
 
Bild 2: Der mit hoher Geschwindigkeit auf die Oberfläche auftreffende Plasmastrahl reinigt das Metall punktgenau von organischen Verunreinigungen und legt seine Oberflächenenergie wieder frei.



 
Nachhaltige Alternative
Für die gesamte vorstehend genannte Problematik kann AD-Plasma Abhilfe schaffen. Die Wirkungsweise beruht, vereinfacht gesagt, auf der oxidierenden Eigenschaft des Plasmas. Der Prozess ist trocken, umweltverträglich und schnell. Die Düsen werden einzig mit Druckluft, gegebenenfalls auch mit einem gewünschten Prozessgas sowie mit Hochspannung betrieben. Der auf die Oberfläche auftreffende Plasmastrahl reinigt das Metall von allen organischen Verunreinigungen (Bild 2). Dabei werden auch lose anhaftende Staubpartikel durch die hohe Ausströmungsgeschwindikeit des Plasma vollständig entfernt. Die Vorbehandlung erfolgt berührungslos und ortsselektiv, also gezielt nur dort, wo sie auch tatsächlich erforderlich ist. In nur einem Arbeitsschritt wird die Oberfläche mikrofein gereinigt und simultan aktiviert.
Bei Aluminium und anderen Metallen wird die im Substrat vorhandene Oberflächenenergie durch die intensive Plasmareinigung wieder freigelegt, so dass eine vollflächige und homogene Benetzbarkeit der Oberfläche mit dem Klebstoff, Lack oder der Drucktinte an der behandelten Stelle gewährleistet ist. Hat das Aluminium eine bereits zu stark anhaftenden Oxydschicht gebildet, so kann bei der «Openair-Plasma»-Technik das Plasma mit einem Laserstrahl zur gezielten Abtragung der Schicht als Hybridtechnologie kombiniert werden. Die für den voll automatisierten, kontinuierlichen Produktionsprozess konzipierten Plasmatreat-Systeme sind computergesteuert, monitorüberwacht und uneingeschränkt roboterkompatibel. Die Prozesse selbst sind robust und reproduzierbar.
 
Bild 3: Die plasmapolymere Beschichtung bietet nicht nur einen exzellenten Haftgrund, sondern aufgrund ihrer guten Barrierewirkung gegen korrosive Elektrolyte gleichzeitig auch einen besonders hohen Korrosionsschutz.
 

 
Ortsselektive Plasmabeschichtung
Um im Klebprozess von Aluminium eine Unterwanderung der Klebnähte mit Feuchtigkeit oder anderen korrosiven Medien auszuschliessen, müssen bei vielen Bauteilen die zu verklebenden Flächen nicht nur zusätzlich eine haftvermittelnde Schicht erhalten, sondern auch gegen Korrosion geschützt werden. Übliche Chromatierungsverfahren beschichten dabei das gesamte Teil. Nicht zu beschichtende Stellen sind hier durch Masken abzudecken, oder die Schicht muss in einem folgenden Arbeitsschritt wieder entfernt werden. Da meistens nur ein kleiner Bereich des Bauteils überhaupt mit dem Klebstoff in Verbindung kommt, hätte eine lokal gezielte und zudem nachhaltige Vorbehandlung somit für diese Aluminiumverarbeiter grosse Vorteile.
Mit der Entwicklung der «PlasmaPlus»-Technik gelang den Steinhagener Plasmaspezialisten in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFAM bereits im Jahr 2006, Plasma-Beschichtungsprozesse, die bislang dem Niederdruckplasma (Vakuumkammer) vorbehalten waren, erstmals unter Atmosphärendruck, also unter normalen Produktionsbedingungen, für die Industrie nutzbar zu machen und in Serienprozesse zu integrieren. Besonders bei Aluminiumlegierungen bietet die Schicht nicht nur einen exzellenten Haftgrund, sondern aufgrund ihrer guten Barrierewirkung gegen korrosive Elektrolyte gleichzeitig auch einen besonders hohen Korrosionsschutz (Bild 3). Das Inline-Verfahren, das die punktgenaue Abscheidung plasmapolymerer Nanoschichten im kontinuierlichen Produktionsprozess erlaubt, wird heute vor allem in der Elektronik, der Solartechnik und im Fahrzeugbau eingesetzt. Mit ihm lassen sich produktspezifische multifunktionale Schichten generieren und sekundenschnell an genau definierter Stelle abscheiden, wo sie sich stoffschlüssig mit dem Substratmaterial verbinden (Bild 4).
 
Bild 4: «PlasmaPlus»-Beschichtung eines Aluminium-Druckgussgehäuses vor dem Verkleben: Mit der Inline-Technik lassen sich produktspezifische multifunktionale Schichten generieren und sekundenschnell an genau definierter Stelle abscheiden.
 

 
Atmosphärendruckplasma in der Anwendung
Das Haupteinsatzfeld für die Vorbehandlung von Aluminiumteilen mit den hier beschriebenen Plasmatechniken ist die Fahrzeugindustrie, beispielsweise beim Bau von Automotoren, in der Herstellung von Batterien oder zur Reinigung und anschliessenden Antikorrosionssbeschichtung bei Aluminiumdruckguss-Elektronikgehäusen. Die Solarindustrie nutzt das «PlasmaPlus»-Verfahren für einen stabilen Korrosionsschutz der Aluminumprofile von Solarmodulen. Und auch in anderen Industriezweigen ist diese Plasmatechnik im Einsatz.
 
Ummantelte Aluminiumprofile
Aluminiumleisten und -profile wie Fensterbänke und Zaunpfosten erhalten häufig eine Folienummantelung. Die dafür erforderlichen Verklebungen auf dem Aluminium sind jedoch aufgrund der Neigung des Werkstoffs zur Bildung von Oxiden an der Oberfläche recht anspruchvoll. Die Oxide unterwandern die Verklebung und führen unter Bewitterungseinflüssen und Temperaturwechsel langfristig zur Ablösung der Folie. Aus diesem Grund ist das Aufbringen einer haftvermittelnden und gegebenenfalls auch korrosionschützenden Grundierung vor der Verklebung erforderlich. Der industrielle Standardprozess basiert auf bis zu zehn Arbeitsschritten im Tauchverfahren, unter anderm in chromhaltigen Bädern, und hinterlässt belastete Abwässer, die aufwendig nachbearbeitet werden müssen.
Mithilfe der beiden Plasmatechniken kann die gesamte Vorbehandlung dagegen nicht nur in einem Bruchteil der Zeit, sondern auch umweltfreundlich und weit kosteneffizienter erfolgen (Bild 5). Die Reinigung und Aktivierung der Aluminiumoberfläche können dank der einfachen Integrationsmöglichkeit der Plasmadüsen direkt in der Ummantelungsmaschine stattfinden. Dabei werden die Düsen an den zu ummantelnden Flächen überlappend positioniert und stellen die hochwirksame Vorbehandlung, besonders für im Innenbereich angewandte Profile, sicher. Sind darüber hinaus grössere Anforderungen hinsichtlich der Umwelt- und Temperatureinflüsse erforderlich, so würde im direkten Anschluss der Auftrag der atmosphärischen plasmapolymeren Schicht erfolgen, die nicht nur einen optimalen Haftgrund für die Ummantelungsklebstoffe bietet, sondern die Fläche gleichzeitig vor Korrosion schützt.
 
Bild 5: Ummantelung von Aluminiumleisten: Gegenüber Tauchbadverfahren kann die Vorbehandlung mithilfe der AD-Plasmadüsentechnik nicht nur weit schneller, sondern auch umweltfreundlich und kosteneffizienter erfolgen.
 



Flugzeugbau
Einschränkende Verordnungen für die Verwendung von besonders Besorgnis erregenden Stoffen (Substances of Very High Concern, SVHC) bei der Flugzeuglackierung sind bereits in Kraft, doch laufen intensive Forschungen für umweltfreundliche Lösungen noch auf Hochtouren. Die Rede ist von der Suche nach einem Ersatz chromhaltiger Lacksysteme, die selbst bei modernsten Flugzeugen noch unverzichtbar sind. Zur Sicherung der extrem hohen Anforderungen im Flugzeugbau werden korrosionsschützende chromhaltige Grundierungen vor dem Lackieren auf die Innenflächen von Flugzeugrümpfen, auf Flügelkonstruktionen mit Versteifungen und auf Befestigungsteile aufgebracht. Mit dem «PlasmaPlus»-Verfahren können gemäss Angaben des Herstellers diese Primer bei verschiedenen Bauteilen ungiftig durch eine trockenchemische Plasmapolymerisation ersetzt werden.
Fügeelementen bringt die Plasmadüsentechnik ebenfalls Vorteile. An Nieten aus Titan oder Aluminiumlegierungen werden infolge hoher Luftfeuchtigkeit und grosser Temperaturwechsel enorme Anforderungen bezüglich des Korrosionsschutzes gestellt. Versenkt genietete Bleche sind häufig schwer zu reinigen und vorzubehandeln. Die Kanten der Nieten sind anfällig für Beschädigungen und bilden den besten Angriffspunkt für Korrosion. Da das Plasma berührungslos diese sehr kleinen Bereiche erreicht, kann an diesen korrosionsanfälligen Flächen eine zuverlässige Beschichtungshaftung ohne Beschädigungen erzielt werden (Bild 6).
 
Bild 6: Flugzeugbau: Die Kanten der kleinen Nieten sind anfällig für Beschädigungen und Korrosion. Das berührungslos arbeitende Plasma ermöglicht die Vorbehandlung, ohne sie zu beschädigen.
 
 

Elektronikbauteile
Wo immer Elektronik und Feuchtigkeit zusammentreffen, müssen die elektronischen Komponenten besonders geschützt werden. Bei modernen Personenwagen ist fast die Hälfte aller Defekte auf klimatisch bedingte Alterungs- und Korrosionsschäden an Elektronikkomponenten zurückzuführen. Mit dem «PlasmaPlus»-Verfahren lassen sich hauchdünne, transparente und isolierende plasmapolymere Alterungsschutzschichten abscheiden, um elektronische Bauelemente, vor allem Leiterplatten, an gezielter Stelle vor korrosiven Einflüssen und extremen klimatischen Belastungen zu schützen. Durch die hohe Sperrwirkung der dünnen Schichten kann neben einer Steigerung der Lebenszeit und Produktsicherheit des elek­tronischen Bauteils auch eine deutliche Kostensenkung im Vergleich zu herkömmlichen Beschichtungsmethoden erreicht werden.
 
Fazit
Mit der Anwendung der beschriebenen Plasmadüsentechniken können konventionelle Vorbehandlungen vor dem Verkleben von Aluminiumoberflächen in vielen Fertigungsprozessen komplett entfallen. Da im Gegensatz zu nasschemischen Vorbehandlungsmethoden weder Trocknungsprozesse, noch Zwischenlagerungen zu berücksichtigen sind, lassen sich Bauteile nach ihrer Reinigung, Aktivierung und Beschichtung mit Plasma sofort weiterverarbeiten. Es werden nicht nur Arbeitsschritte, Energieverbrauch und Betriebskosten eingespart sowie Produktqualität und Durchsatz erhöht, Anwender profitieren zudem von der hohen Prozesssicherheit und genauen Reproduzierbarkeit der Plasmaverfahren - und dies im völligen Einklang mit der Umwelt.
 
In Kürze
1995 als Start-up gegründet, entwickelte sich Plasmatreat unter Leitung des geschäftsführenden Gesellschafters Christian Buske in den Folgejahren zu einem international operierenden mittelständischen Unternehmen. Das «Openair-Plasma»-Verfahren wird heute in nahezu allen Industriebereichen rund um die Welt angewendet.

Branche: Elektrotechnik
Produkte: Atmosphärendruckplasma-Düsensysteme zur Vorbehandlung (Feinstreinigung und Aktivierung) und funktionalen Nanobeschichtung von Materialoberflächen
Marktposition: weltweiter Markt- und Technologieführer; geschätzter Marktanteil zum Mitbewerb rund 90%
Umsatz Plasmatreat Group: >46 Mio. Euro (2018)
Mitarbeiter weltweit: 230
Exportquote: 65%
Standorte: Technologiezentren in Deutschland, den USA, Kanada, China und Japan; 17 eigene Niederlassungen
Vertrieb: über Tochtergesellschaften und Vertriebspartner in 35 Ländern
Innovationen: «Openair-Plasma»-Technik; Plasma-Rotationsdüsen; «PlasmaPlus»-Technik; «Plasma-SealTight»-Fügetechnik für Hybridbauteile
Auszeichnungen: FTM Innovation Award (USA), 2007; Nominierung European Aluminium Award 2008; Industriepreis 2012 (Kategorie «Produktionstechnik und Maschinenbau»); Green Good Design Award 2014 (USA); Würth Future Champion Award 2015; Kunststoff-Innovationspreis 2017 (Kunststoffe-in-OWL e.V.)
 
 
Plasmatreat GmbH

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