Subscriptions
for enrichment
15 january 2013 | Oberflächen POLYSURFACES 05/2012 | Thin coats

Funktionelle Oberflächen unterstützen die Energiewende

Hans-Michael Höhle* und Montia C. Nestler**

Anspruchsvolle Ziele zur Emissionskontrolle und zur CO2-Einsparung sind in vielen Ländern bereits als bindende Norm eingeführt, so zum Beispiel in Kalifornien, wo das Ziel besteht, die Emission der Treibhausgase bis 2050 auf 20% des Standes von 1990 zu reduzieren. Derartige Ziele bestimmen die Entwicklung der Energietechnologien [1] und können mittel-und langfristig nur durch Einführung neuer Technologien (Biogas, Windenergie, Solarenergie, Ausbau der Wasserkraft und Wasserstofftechnologie) erreicht werden. Kurzfristig lassen sich jedoch grosse Erfolge durch Erhöhung der Energieeffizienz bei der Energieerzeugung sowie beim Energieverbrauch vor allem im Wohnbereich und Transportsektor erzielen.
 
Sulzer Metco ist weltweit führend in der Entwicklung von Beschichtungen und funktionellen Oberflächen für energieeffiziente Gasturbinen.
 
Mit Beschichtungen Brennstoff optimal nutzen
Bemühungen, den Brennstoff in stationären Gasturbinen und in Flugzeugtriebwerken bestmöglich zu nutzen, konzentrieren sich im Wesentlichen darauf, die Gastemperaturen und die Druckunterschiede zwischen den Turbinenstufen weiter zu erhöhen. Eine sehr wirksame und kosteneffektive Massnahme ist dabei der Einsatz von thermisch gespritzten Einlaufschichten als Dichtsystem zwischen den einzelnen Turbinenstufen (Bild 1). So werden in einer modernen Gasturbine durch die Reduzierung des Dichtspaltes um 1 mm in den Stufen 1 und 2 Betriebskosten in der Höhe von 1 Mio. USD pro Jahr eingespart, wobei die heissere erste Stufe zwei Drittel der Gesamteinsparungen bringt [2]. Mit der Einsparung von Energie wird gleichermassen die Emission von Treibhausgasen vermindert.
 
Bild 1: Prinzip einer thermisch gespritzten Einlaufschicht (Beispiel: Kompressorschaufel).
 
Sulzer Metco hält führende Positionen bei der Entwicklung und Einführung von modernen hochtemperaturbeständigen Werkstoffen für Einlaufschichten gemäss der Wirkungsgradziele der Originalhersteller (OEM). Ein wesentlicher Beitrag dazu war die Entwicklung des Werkstoffes «Durabrade 2192», der für Turbinendichtungen bis zu Temperaturen von 1200 °C geeignet ist [2]. Einlaufschichten aus diesem Werkstoff haben ein ausgezeichnetes Einlaufverhalten bei gleichzeitig exzellenter Thermoschockbeständigkeit. Diese ist zweimal so hoch wie bei Yttrium-stabilisierten Zirkonoxidschichten mit vergleichbarer Porosität. Gegenwärtig laufen weitere Entwicklungsprogramme mit dem Ziel, den Anforderungen der Systemhersteller nach einer weiteren Temperaturerhöhung und Steigerung der Energieeffizienz gerecht zu werden.

Neuer Plasmabrenner
Die neue Version des «TriplexPro-210»-Plasma­brenners basiert auf der erfolgreichen «TriplexPro»-Produktlinie mit Verbesserungen bei der Instandhaltung und Leistungsstabilität:

  • Vereinfachte Instandhaltung: Schnellere und einfachere Wartung des Plasmabrenners sowie deutlich weniger Montagefehler
  • Markierte und nummerierte Stromversorgungsanschlüsse für die Elektroden: Vereinfacht die Datenerfassung und das Qualitätsmanagement
  • Wasserstoff- und Stickstoffbetrieb: Kosteneinsparung durch den Verzicht auf oder den reduzierten Verbrauch von Helium; ersatzweise Einsatz von Ar, Ar/N2 oder Ar/H2
  • Robustes Design: Bewährt sich bei einer rauen Prozessumgebung sowie Störungsfreiheit auch bei langen Spritzvorgängen
 

Funktionelle Oberflächen für leistungsfähige Brennstoffzellen
Feststoffoxid-Brennstoffzellen (Solid Oxide Fuel Cell, SOFC) haben ein grosses Potenzial, einen bedeutenden Beitrag zur Energieeinsparung zu leisten [3]. So lässt sich mit einer SOFC in einem Leistungsbereich zwischen einem und einigen hundert Megawatt der höchste Wirkungsgrad bei der Erzeugung von elektrischer Energie erzielen. Aufgrund der Erfahrung in den Bereichen thermisches Spritzen und Werkstofftechnik ist Sulzer Metco zu einem wichtigen Partner führender Hersteller von SOFC geworden.
Ähnlich wie bei den Gasturbinen ist der Erfolg der Feststoffoxid-Brennstoffzellen im Hinblick auf die Leistung und Lebensdauer in hohem Masse von Oberflächenschichten abhängig. Einige dieser Schichten lassen sich sehr effizient durch thermisches Spritzen herstellen. Aktuell werden jährlich mehrere Hunderttausend SOFC-Interkonnektoren mit einer Schicht aus Lanthan-Strontium-Manganat (LSM) beschichtet, um eine Chromverdampfung aus den metallischen Interkonnektoren zu verhindern. Verwendet werden dafür die Spritzwerkstoffe «Metco 6800» und «Metco 6801» sowie die neue Plasmaspritzpistole «TriplexPro-210».
Eine weitere Beschichtungslösung für SOFC-Bauteile bietet das Plasma Spray-Thin Film-(PS-TF-)Verfahren. Bei einem Kammerdruck (Umgebungsdruck für Plasmaflamme und Bauteil) von etwa 1 mbar bildet sich bei dieser Technologie ein sehr langer und breiter Plasmastrahl aus, durch den der Beschichtungswerkstoff gleichmässig über eine vergleichsweise grosse Fläche (Durchmesser rund 200 mm) verteilt wird [3]. Sulzer Metco hat das PS-TF-Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt und bietet eine breite Auswahl an Lösungen für das effektive Aufbringen dünner und dichter Schichten aus keramischen beziehungsweise metallischen Werkstoffen auf grosse Flächen an.
 
DLC bietet grosse Härte kombiniert
mit geringen Reibwerten
Diamantähnliche Kohlenstoffbeschichtungen (DLC) zeichnen sich durch einen äusserst niedrigen Reibungswiderstand und eine extreme Härte aus. Die Beschichtungen werden eingesetzt, um den Verschleiss und die Reibung in verschiedenen industriellen Anwendungen zu verringern, zum Beispiel bei Maschinenteilen, Komponenten für die Automobilindustrie und Formen für die Verarbeitung von Kunststoffen und Metallen. Im Jahre 2010 übernahm Sulzer die DLC-Coating-Sparte von Bekaert und ergänzte damit das Technologieangebot von Sulzer Metco in der Dünnschichttechnik.
 
Verschiedene DLC-beschichtete Komponenten aus dem Antriebsstrang eines Kraftfahrzeuges.
 
Beschichtetes Glas spart Energie in Gebäuden
Die Energieeinsparung spielt nicht nur im industriellen Produktionsbereich sondern auch im Haushalt, in der Gebäudetechnik und im täglichen Leben eine Rolle. Thermische Spritzschichten von Sulzer Metco leisten auch in diesem Bereich indirekt einen Beitrag, beispielsweise bei beschichtetem Architekturglas. Die Beschichtung des Glases selbst erfolgt durch einen PVD-Prozess (Magnetron-Sputtern), bei dem zunehmend rotierende Rohrtargets verwendet werden. Diese werden häufig durch thermisches Spritzen hergestellt (etwa TiOx-Targets). Die grosse Fläche der Targets sowie die bis zu 11 mm grosse Schichtdicke erfordern maximale Beschichtungsraten, die nur durch neuste Plasmabrenner-Technologie, hohe Pulverförderraten und hohe Auftragswirkungsgrade erreichbar sind.
Für diese Anwendung wurde ein spezielles TiOx-Pulver (agglomeriert und gesintert) entwickelt, das sich von herkömmlichem Pulver (geschmolzen und gebrochen) deutlich hinsichtlich der Morphologie und Dichte unterscheidet [4]. Dieses speziell für diese Anwendung entwickelte Pulver – kombiniert mit dem Hochleistungsplasmabrenner «TriplexPro-210» – verdoppelt den Auftragswirkungsgrad bei gleichen beziehungsweise verbesserten Schichteigenschaften und einem bis zu dreifachen Pulverdurchsatz.
In Bild 2 wird der Vorteil des neuen Pulvers deutlich sichtbar. Bei sehr hohen Förderraten werden noch hohe Auftragswirkungsgrade im Bereich von 70% erzielt. Die genannten Massnahmen sparen beachtliche Mengen Pulver und Beschichtungszeit, was einer grossen Einsparung von Energie und Ressourcen gleichkommt und einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil mit sich bringt.
 
Bild 2: Vergleich des Auftragswirkungsgrades und der Förderrate des herkömmlichen Pulvers (geschmolzen und gebrochen F&C) mit dem neu entwickelten Pulver (agglomeriert und gesintert A&S).
 
Kraftstoffsparende Beschichtungen im Motor
Schichten, welche die Reib- und Verschleisseigenschaften von Komponenten im Bereich des Antriebsstranges von Motorfahrzeugen verbessern, führen ebenfalls zu einer bemerkenswerten Steigerung der Energieeffizienz. So werden beispielsweise bei Tassenstösseln die Reib- und Verschleisseigenschaften durch diamantähnliche Kohlenstoffschichten (DLC-Schichten) deutlich verbessert (Bild 3). Die glatte Oberfläche sowie der niedrige Reibkoeffizient bleiben durch den hohen Verschleisswiderstand und die sehr gute Ölbenetzung auch im Fahrbetrieb erhalten.
 
Bild 3: Abhängigkeit des Reibkoeffizienten von der Beanspruchung; Vergleich zwischen einer Standard-DLC-Schicht und der optimierten «Dylyn-Schicht von Sulzer Metaplas.
 
Die Veredelung von Tassenstösseln mit «Dylyn Plus» in kleinen und mittleren Benzinmotoren (z. B. einem 1,6-l-Vierzylinder-Ottomotor) kann das benötigte Drehmoment je nach Motortemperatur und -drehzahl um bis zu 33% senken, ohne konstruktive oder fertigungstechnische Änderungen am Motor vornehmen zu müssen. Diese Verbesserung bedeutet eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs im kleinen einstelligen Prozentbereich und bewirkt eine Reduktion der CO2-Emission um etwa 2 bis 3 g/km. Dies ist für die Einhaltung der strenger werdenden Auflagen, wie beispielweise Euro 5 und Euro 6, eine entscheidende Grösse. Der Blick in die Zukunft zeigt zudem, dass in der Reduktion von Reibungsverlusten noch erhebliches Potenzial liegt.
 
Schichtlösungen für Wasserkraftturbinen
Seit Jahrzehnten haben sich verschleiss- und korrosionsbeständige Schichten in verschiedenen Wasserkraftturbinen bewährt [5]. Primäres Ziel ist dabei, die Lebensdauer der Einzelkomponenten zu verlängern und damit die Lebenszykluskosten einer Turbine zu senken. Gleichzeitig steigern geeignete Beschichtungen aber auch die Energieeffizienz erheblich, da sich stark verschlissene Schlüsselkomponenten negativ auf die Energieeffizienz einer Turbine auswirken (Bild 4).
 
Bild 4: Verschleiss der Becher einer Peltonturbine (Quelle: Wikipedia).
 
Bei der Diskussion über Energieeffizienz muss auch über den Verbrauch der Ressourcen gesprochen werden. Da in dem hier beschriebenen Bereich der Wasserkraft in grossen Mengen vorwiegend auf Wolframcarbid basierende Werkstoffe eingesetzt werden, wird das Recycling dieser Werkstoffe, etwa des Oversprays, zunehmend thematisiert. Sulzer Metco hat diese Herausforderung angenommen und erarbeitet dafür gegenwärtig geeignete Konzepte.
 
Windkraftanlagen vor Verschleiss schützen
Ende 2011 gab es in Deutschland 22297 Windkraftanlagen mit einer gesamten installierten Leistung von 29075 MW [6]. Einschliesslich der Offshore-Anlagen wird es laut Dena-Prognose im Jahr 2020 eine installierte Leistung von 51 GW geben, davon 14 GW im Offshore-Bereich. Neben dem Neubau werden auch in grossem Umfang ältere Anlagen durch leistungsstärkere Neuanlagen ersetzt. Die verwendeten Werkstoffe müssen sehr hohen Belastungen sowie sich ständig verändernden Kräften standhalten, zum Beispiel im Bereich der Windradgetriebe. Um einen guten Wirkungsgrad bei der Energiegewinnung zu erzielen, wird in den meisten Windkraftanlagen die vergleichsweise langsame Rotordrehzahl in eine deutlich höhere Generatordrehzahl übersetzt. Dabei werden an die Zahnräder des Getriebes enorm hohe Anforderungen bezüglich Verschleiss- und Dauerfestigkeit des Stahls gestellt. Daneben ist eine hohe Zähigkeit des Stahls Voraussetzung, um der schlagartigen Beanspruchung bei böigem Wind standzuhalten.
Für diese Randbedingungen hat Sulzer Metaplas Lösungen für den optimalen Verschleissschutz der Zahnräder entwickelt, die bereits in vielen Windrädern eingesetzt werden: DLC-Beschichtungen vom Typ a-C:H:Me für einsatzgehärtete Zahnräder. Diese Beschichtung verbessert die Trocken- und Einlaufeigenschaften sowie das Verschleissverhalten der Zahnräder massgeblich.
Für die Windkraftanlagen werden heute wesentlich grössere Mengen Stahl verbraucht als im Schiffsbau, wodurch die Notwendigkeit des Korrosionsschutzes offenbar wird. Thermische Spritzschichten bieten hier eine kostengünstige, auf lange Lebensdauer ausgelegte Lösung. Heute werden Lichtbogen-gespritzte Zn- oder ZnAl-Schichten in grossen Mengen zum Korrosionsschutz sowohl im Offshore- als auch im Onshore-Bereich eingesetzt, zum Beispiel beim Korrosionsschutz für den (Stahl-)Turm (innen und aussen, vor dem Anstrich), für die Fundamentplatte, für den Drehkranz (Bild 5) sowie das ganze Maschinengehäuse und die Nabe.
 
Bild 5: Lichtbogenspritzen eines Drehkranzes mit «EcoArc 350» (Photo: «Ogramac» Engenharia de Superficie).
 
Massgeschneiderte Schichten tragen zur Energiewende bei
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Oberflächentechnologien bereits heute einen grossen Beitrag zur Energiewende leisten: einerseits bei Massnahmen zur Energieeinsparung durch die Erhöhung der Energieeffizienz, anderseits aber auch bei der Nutzung erneuerbarer Energien. In beiden Fällen werden massgeschneiderte, funktionelle Schichten beziehungsweise Oberflächen eingesetzt. In engem Kontakt zu den Kunden entwickelt Sulzer Metco kontinuierlich neue Lösungen, die weiter zur Nutzung der erneuerbaren Energien sowie zur Einsparung von Energie und Ressourcen beitragen werden.
 
Literatur
[1] J. H. Williams et al.: The technology path to deep greenhouse gas emissions cuts by 2050: the pivotal role of electricity. Science 6, Januar 2012, Vol. 335, Nr. 6064, S. 53-59.
[2] D. Sporer, M. Dorfman and S. Wilson: Ceramics for abradable shroud seal applications. Proc. Conf. 33rd International Conference on Advanced Ceramics and Composites (ICACC) 2009, Daytona OH, Jan. 2009.
[3] M. C. Nestler, E. Müller, D. Hawley, H.-M. Höhle, D. Sporer und M. Dorfman: Thermisch gespritzte Schichten in der Energieerzeugung - Oberflächen machen den Unterschied. STR 2/2007, S. 11ff.
[4] A. Sharma, M. C. Nestler et al.: Novel Titania (TiOx) Feed-Stock Powder for Significant Improvements. In «Process Economics and Enhanced Coating Properties», Proceedings, ITSC 2010.
[5] H.-M. Höhle und M. C. Nestler: Oberflächen für längere Lebensdauer und höhere Energieeffizienz. STR 3/2011, S. 26ff.
[6] Gemäss World Wind Energy Association (www.wwindea.org).
 
Copyright Sulzer Technical Review, Sulzer Mangement Ltd. Winterthur

*



Hans-Michael Höhle

Sulzer Metco Europe GmbH
D-65451 Kelsterbach
hans-michael.hoehle@sulzer.com


**



Montia C. Nestler

Sulzer Metco (US) Inc.
Westbury, NY 11590-0201 (USA)
montia.nestler@sulzer.com


Sulzer Metco AG (Schweiz)
Rigackerstrasse 16
5610 Wohlen
Tel. 056 618 81 81
info@sulzermetco.com
www.sulzermetco.com