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06 august 2015 | La Revue POLYTECHNIQUE | Uncategorized

Hyperfinish: das neueSuperfinish-Verfahren

OP: Herr Hesse, Kenner der Superfinish-Technologie sagen, dass es nur etwa alle zehn Jahre zu herausragenden Entwicklungen in der Branche kommt. Ist das neue Hyperfinish-Verfahren nun der berühmte Quantensprung?
Siegfried Hesse: Nun, das muss der Markt beurteilen. Aber wie wir bereits von mehreren Kunden gehört haben, wird Hyperfinish schon als Revolution in diesem Bereich angesehen.
 
Siegfried Hesse, Produktmanager für Wälzlagermaschinen bei der Thielenhaus Technologies GmbH.
 

OP: Was steckt nun hinter Hyperfinish?
Hesse: Hyperfinish ist eine Weiterentwicklung des Superfinish-Verfahrens, wobei hier vor allem die Steigerung der Prozessgeschwindigkeit massgeblich ist, die deutlich über der des konventionellen Superfinishens liegt. Daher haben wir die Technologie auch «Hyper»Finish genannt.
Bei diesem Verfahren wird die konventionelle Superfinish-Oszillation des Werkzeugs mit einer zusätzlichen, hochfrequenten Radial- oder Linear­schwingung überlagert, die über 3600 Doppelhübe/min (60 Hz) betragen kann. Durch die höheren Oszillationsfrequenzen ergibt sich ein wesentlich grösserer Abtrag pro Zeiteinheit. Dieser erhöhte Abtrag ist vor allem ein Resultat der längeren Strecke, die vom Werkzeug im gleichen Zeitraum zurückgelegt wird. Darüber hinaus werden durch die hochfrequente Oszillation die Schneidfähigkeit des Honsteins und durch den reduzierten Oszillationswinkel die Formparameter deutlich verbessert.
 
OP: Wie funktioniert dies im Detail?
Hesse: Wir haben bei den Versuchen festgestellt, dass ein Zuwachs in der Produktivität nur über extrem hohe Oszillationsfrequenzen zu erreichen ist. Das Verfahren basiert auf einem harmonischen, sinusförmigen Geschwindigkeitsverlauf des Werkzeugs. Dieser wird mit der elektronischen Anpassung aller Parameter der primären und sekundären Werkzeugoszillation einschliesslich Oszillationswinkel und -hübe über die NC-Steuerung an den jeweiligen Prozess gekoppelt. Die hohen Oszillationsfrequenzen ermöglicht ein Torquemotor mit Direktantrieb.
 
OP: Welche Vorteile sehen Sie für den Nutzer dieser neuen Technologie?
Hesse: Eine schnellere Werkzeugbewegung bedeutet kürzere Prozesszeiten und eine höhere Produktivität. So lassen sich die Bearbeitungszeiten bei Wälzlagern im Durchschnitt um 20 Prozent, teilweise sogar bis zu 35 Prozent, verkürzen. Weil das Werkzeug für mehr Abtrag sorgt, kann in bestimmten Anwendungsfällen statt einer Zweistationen- eine Einstationsmaschine zum Einsatz kommen. Damit lassen sich die Investitionskosten um etwa 30 Prozent reduzieren. Bei einer Maschine mit nur einer Station verringern sich auch die Gesamtrüstzeiten und damit die Betriebskosten. Diese Faktoren sind vor allem in Bereichen wie der Automobil- und Wälzlagerindustrie von Bedeutung, wo ein hoher Kostendruck herrscht.
Hyperfinish bedeutet aber nicht nur kürzere Prozesszeiten, sondern auch eine Steigerung der Werkstückqualität. So kann der Nutzer dieser Technologie den stetig steigenden Qualitätsanforderungen seiner Kunden gerecht werden. Durch die besondere Oszillationsmethode lassen sich mit dem abmessungsoptimierten Werkzeug bessere Ergebnisse hinsichtlich Rundheit und Feinwelligkeit erzielen. Auf diese Weise kann mit den konventionellen Werkzeugtypen schneller und besser gearbeitet werden.
 
Der Blick in den Arbeitsraum einer Hyperfinish-Maschine zeigt den Torquemotor-Direktantrieb mit Werkzeugträger und Steinhalter für die Bearbeitung von Kegelrollenlager-Innenringen.
 

OP: Welche konkreten Ergebnisse liessen sich mit dem innovativen Verfahren erzielen?
Hesse: Bereits 2013 haben wir zahlreiche Versuche vor allem an Kugellager- und Rollenlager-Laufbahnen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass wir mit Hyperfinish die Bearbeitungszeit um durchschnittlich 20 Prozent reduzieren und einen bis zu 4 mm höheren Abtrag sowie bessere Oberflächen-Rauheits- und -Geometriewerte erzielen können. So benötigten wir zum Beispiel bei der Bearbeitung eines Kegelrollenlager-Innenrings mit einer Bohrung von 50 mm Durchmesser nur 20 s und erreichten einen Abtrag von 8 mm. Beim konventionellen Superfinishen braucht man vergleichsweise für die gleiche Operation 24 s und erzielt dabei nur einen Abtrag von 5 mm. Der gemessene Rauheitswert der Oberfläche betrug beim konventionellen Superfinish Ra 0,0593, beim Hyperfinish dagegen Ra 0,0553.
Eine weitere bereits erprobte Anwendung ist das Bürstentgraten. Mit der durch Hyperfinish optimierten Bürstkinematik haben wir zum Beispiel die Entgratung von Bohrungen und gleichmässige Kantenverrundung an empfindlichen Automobil-Einspritzkomponenten verbessert. Eine zusätzliche Bearbeitungsstufe wie das Hochdruck-Wasserstrahlentgraten kann damit entfallen.
Diese Ergebnisse haben auch unsere Kunden überzeugt, so dass jetzt bereits über 60 Prozent der 2014 georderten Wälzlagermaschinen mit der Hyperfinish-Technologie ausgestattet werden.
 
Rundheit und Feinwelligkeit vor und nach dem Hyperfinishen am Beispiel eines Vierpunktlager-Aussenrings mit einer Bohrung von 70 mm.
 

OP: Sehen Sie Potenzial auch für Anwendungen bei anderen Bearbeitungsaufgaben?
Hesse: Ja, durchaus. Wir sind zuversichtlich, dass wir demnächst die positiven Effekte von Hyperfinish - wie bis zu 35 Prozent kürzere Bearbeitungszeiten, verbesserte Qualitäten und weniger Investitionskosten - auch auf die Bearbeitung von Wälzkörpern, wellenförmigen Werkstücken, Kugeln und Kalotten sowie Planflächen übertragen können. Vor allem bei der Stein- oder Bandbearbeitung von Funktionsflächen an Nocken- und Antriebswellen versprechen wir uns ein grosses Verbesserungspotenzial, da hier das Bearbeitungsprinzip dem von Wälzlagern ähnelt.
 
Thielenhaus Technologies GmbH
D-42218 Wuppertal
www.thielenhaus.com
 
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