20 november 2018 |
La Revue POLYTECHNIQUE
Neuland: Inhouse-Entfettung
«Mit unserer firmeneigenen Entfettungsanlage haben wir komplett neues Terrain betreten, denn zuvor hatten wir, wie viele andere auch, die Entfettung outgesourct. Der Schritt zur Inhouse-Entfettung hat sich für uns voll und ganz gelohnt: Nicht nur, weil die Ergebnisse spitze sind, sondern auch, weil wir viel flexibler in der Produktionsplanung sind und auch ganz kurzfristige Aufträge just in time erfüllen können», freut sich Patrick Hentz, zuständig für die Fertigungsplanung und -steuerung bei der Gebr. Binder GmbH. «Früher waren die Gitterboxen mit den Metallteilen im Schnitt drei bis vier Tage ausser Haus. Jetzt ist die Entfettung innerhalb eines Tages erledigt, die Durchlaufzeit der Anlage beträgt maximal eine halbe Stunde. Dies eröffnet uns natürlich ganz neue Möglichkeiten in der Prozess- und Lieferkette.»
Die Entfettungsanlage ist seit 2016 im Einsatz und laut Patrick Hentz derzeit im Zweischichtbetrieb komplett ausgelastet. Aktuell stehen rund 200 Gitterboxen zum Waschen bereit. Pro Waschgang fasst die Anlage eine Gitterbox von 1200 x 800 mm mit einem Gewicht von über 1 t.
Mithilfe des 3-Stufen-Testkoffers wird das Lösemittel in der Entfettungsanlage geprüft und gegebenenfalls nachstabilisiert: Lech Andrzejewski-Eser von der Richard Geiss GmbH (links) und Patrick Hentz von der Gebr. Binder GmbH. (Bilder: Richard Geiss GmbH) |
Entfettung mit hochreinen Lösemitteln
In drei Produktionshallen fertigt die Gebr. Binder GmbH jeden Tag mehrere hunderttausend Stanz-, Laser- und Umformteile sowie Baugruppen für die internationale Automobil- und Maschinenbauindustrie auf Stanzanlagen, Laserbearbeitungsmaschinen und Hydraulikpressen. Unter anderem produziert das Unternehmen dort auch Kopfstützenteile für führende deutsche Automobilmarken. Auchsie werden in der werkseigenen Entfettungsanlage gewaschen. «Die Anlage schafft hier drei Gitterboxen à 400 Teile in der Stunde. Würden wir die Kopfstützenteile ausser Haus waschen, müssten jeden Tag mehrere Lastwagen zwischen uns und der Entfettungsfirma hin und her fahren. Diesen enormen logistischen Aufwand und die damit verbundenen Kosten können wir uns dank unserer Entfettungsanlage sparen», verdeutlicht Patrick Hentz.
Für die Entfettung der Teile hat sich der Metallwarenhersteller neben einer neuen Anlage von Höckh für die hochreinen Lösemittel der Richard Geiss GmbH entschieden. «Im Rahmen der Neuinvestition haben wir uns für Geiss als kompetenten und regionalen Partner entschieden. Bei den Profis aus Offingen bekommen wir alles aus einer Hand – von der Versorgung mit Frischware-Lösemittel über die Laboranalyse und Unterstützung bei der Badpflege bis hin zur Entsorgung der Lösemittel-Altwaren. Zudem profitieren wir enorm von den kurzen Wegen: Ein Anruf genügt und Geiss ist bei uns im Haus», betont Patrick Hentz.
Etwa alle drei Monate versorgt der Lösemittelspezialist die Metallwarenfabrik mit hochreiner Frischware und entsorgt im selben Zug die Altware. Diese wird am Firmensitz in Offingen zu hochreinen Destillaten aufgearbeitet, die anschliessend wieder als Lösemittel in Frischwarequalität ausgeliefert und so in ein funktionierendes Kreislaufsystem zurückgeführt werden.
Mit der firmeneigenen Entfettungsanlage lassen sich auch kurzfristige Aufträge just in time erledigen. Die Durchlaufzeit der Anlage beträgt maximal eine halbe Stunde. |
Intensive Zusammenarbeit zwischen Anwender und Lösemittelhersteller
Zu Beginn haben die Profis von Geiss alle von Binder verwendeten Öle und Schmierstoffe im firmeneigenen Labor in Offingen analysiert. Anschliessend wurde das Lösemittel perfekt auf die verwendeten Öle abgestimmt. «Der Prozess in der Entfettungsanlage ist sehr stabil», erklärt Lech Andrzejewski-Eser, der zuständige Spezialist aus dem Vertriebsbereich Oberflächentechnik bei der Richard Geiss GmbH: «Rund 2 bis 3 t des Lösemittels Perchlorethylen Geiss PER HS werden pro Jahr in die Anlage nachgefüllt. Für eine Anlage dieser Grösse ist dies wirklich gut, da die anlageninterne Destille die Öle schon hochkonzentriert ausschleust. Auch dafür sind wir da: Zu schauen, was für unseren Kunden unterm Strich in Bezug auf den Lösemittelverbrauch und den Einsatz von Stabilisatoren wirtschaftlich am meisten Sinn macht.»
Um Anlagenausfällen vorzubeugen und konstant gute Entfettungsergebnisse zu gewährleisten, führen die zuständigen Mitarbeiter bei Binder ein- bis zweimal pro Woche eine Überprüfung des Lösemittels durch. Mittels des 3-Stufen-Testkoffers von Geiss wird das Lösemittel in der Anlage getestet und gegebenenfalls nachstabilisiert. Auch die Stabilisatoren werden von Geiss geliefert. Seit kurzem hat Binder auch den «Geiss PER Density»-Test für Perchlorethylen im Einsatz. Damit lassen sich Fremdstoffe sowie die Konzentration von Korrosionsschutzölen im Perchlorethylen-Bad bestimmen – für eine effiziente Lösemittelüberwachung vor Ort. «Mit den Testkoffern von Geiss haben wir die Badpflege fest im Griff und können im Falle eines Falles schnell und unkompliziert reagieren. Denn lange Ausfallzeiten der Anlage können wir uns nicht leisten», bemerkt Patrick Hentz.
Einen besonderen Service von Geiss hat Binder während der dreimonatigen Installations- und Einfahrzeit für die neue Entfettungsanlage in Anspruch genommen, denn in diesem Zeitraum übernahm der Lösemittelspezialist die Lohnentfettung der Metallteile. «Dies war natürlich klasse und hat den ganzen Prozess entspannt. Wir konnten uns einmal mehr davon überzeugen, dass die Profis von Geiss wissen, wie Metallteileentfettung geht. Wenn der Lösemittelspezialist selbst entfettet, hat das noch einmal eine ganz andere Qualität in der Betreuung und Beratung. Denn er kennt alle Prozesse und weiss ganz genau, worauf es im Detail ankommt», erklärt Patrick Hentz.
Der Lösemittelspezialist versorgt Binder mit hochreinen Lösemitteln und übernimmt zudem die Entsorgung und das Recycling der Altware. |
Ausblick
Auch in Zukunft steht Binder das Angebot der Lohnentfettung bei Geiss zur Verfügung. «Wir wachsen sehr stark. Da ist es grossartig, dass wir Geiss als Backup haben, um etwaige Produktionsspitzen oder im Ernstfall auch einen Anlagenausfall abfedern zu können. Dies bietet uns Prozess- und unseren Kunden letzten Endes Liefersicherheit», verdeutlicht Patrick Hentz.
In Kürze
Die Richard Geiss GmbH ist einer der europaweit führenden Spezialisten im Bereich der Lösemittel-Rückgewinnung. Das 1959 gegründete Unternehmen produziert aus Lösemittelabfällen hochreine Destillate durch destillative Aufarbeitung. Es liefert Lösemittel in die industrielle Oberflächenreinigung, die Textilreinigung sowie in die chemische und pharmazeutische Industrie. Die Lohnentfettung rundet das Leistungsspektrum als viertes Geschäftsfeld ab. Das Unternehmen beschäftigt rund 110 Mitarbeiter. Es hat eine genehmigte Aufbereitungskapazität von 50‘000 t Lösemittel pro Jahr, die zu hochreinen Destillaten aufbereitet werden und ist nach ISO 9001, ISO 14001, OHSAS 18001 sowie als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert.
www.geiss-gmbh.de
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