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14 january 2020 | La Revue POLYTECHNIQUE

Prozesssicher und effizient trocken reinigen

Gehäuse medizintechnischer Geräte werden ebenso aus Kunststoffen gefertigt wie Instrumente, Implantate und Hilfsmittel sowie Labordiagnostika für die Human-, Dental- und Tiermedizin. Die Herstellung dieser Produkte erfolgt in unterschiedlichen klassischen Fertigungsverfahren wie Extrusion, Spritzguss sowie Zerspanung und immer häufiger auch im industriellen 3D-Druck.

Bei jedem dieser Verfahren verbleiben auf den Oberflächen Rückstände aus der Herstellung zurück, beispielsweise Trennmittel, Partikel, Flittergrate und Stäube oder Restpulver. Je nach Risikoklasse, in welche Medizinprodukte einzustufen sind, ergeben sich durch diese Verunreinigungen unterschiedliche Schädigungspotenziale für Patienten, und dies auch, wenn sie mit dem Instrument oder Implantat sterilisiert werden. Aber auch bei Erzeugnissen, von denen wie bei Kunststoffgehäusen oder Diagnostika kein direktes Risiko ausgeht, können filmische und/oder partikuläre Kontaminationen nachfolgende Prozesse, beispielsweise eine Beschichtung oder Lackierung, stören beziehungsweise das Laborergebnis verfälschen.
 
Die patentierte Technik mit Zweistoff-Ringdüse für den CO2- und den Druckluft-Mantelstrahl sorgt für eine konstante und homogene Reinigungsleistung. Ein Vereisen der Düse wird dadurch ebenfalls zuverlässig verhindert. (Bild: acp)
 
 

Durch vier Effekte zu rückstandsfrei sauberen Oberflächen
Dies verdeutlicht den Einfluss der Bauteilreinigung auf die Sicherheit, Qualität und Funktionalität des Produkts. Sie muss sicherstellen, dass produktspezifisch erforderliche Sauberkeitsanforderungen und biologische Verträglichkeit zuverlässig erzielt werden und es zu keiner produktbeeinträchtigenden Veränderung der Eigenschaften und Oberflächen kommt. Die klassische nasschemische Endreinigung mit wässrigen Medien stösst hier oft an Grenzen – vor allem bei Teilen mit komplexen Geometrien, filigranen Konturen und feinen Strukturen sowie mechatronischen Systemen mit beispielsweise MID (spritzgegossene Schaltungsträger).
Die «quattroClean»-Schneestrahltechnik hat sich bei diesen Reinigungsaufgaben als leistungsfähig, prozesssicher und wirtschaftlich erwiesen. Das Verfahren nutzt flüssiges, unbegrenzt haltbares und nicht korrosives Kohlendioxid als Reinigungsmedium. Es entsteht als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen und der Energiegewinnung aus Biomasse und ist deshalb umweltneutral. Die wesentliche Komponente des Reinigungssystems ist eine verschleissfreie Zweistoff-Ringdüse. Durch diese wird das nicht brennbare und ungiftige sowie für medizinische Anwendungen aufbereitete Kohlendioxid geleitet. Es entspannt beim Austritt aus der Düse zu feinem CO2-Schnee, der von einem separaten, ringförmigen Druckluft-Mantelstrahl gebündelt und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wird. Die patentierte Technik gewährleistet auch in automatisierten Anwendungen eine konstante und homogene Reinigungsleistung.
 
Bei der Herstellung mikrofluidischer Lab-on-Chip-Produkte kann das «quattroClean»-System zur gleichzeitigen Feinstentgratung und -reinigung von Kunststoff-Spritzgussteilen eingesetzt werden. (Bild: acp)
 

 
Trifft kalte (-78,5 °C) und gut fokussierbare Schnee-Druckluft-Strahl auf die Oberfläche kommt es zu einer Kombination aus thermischem, mechanischem, Sublimations- und Lösemitteleffekt. Das Zusammenspiel dieser vier Wirkmechanismen entfernt partikuläre und filmische Verunreinigungen wie Späne, Mikrograte, Staub, Abrieb, Trennmittel, Silikone und Schmauchspuren beispielsweise vom Laserstrukturieren prozesssicher und reproduzierbar. Gleichzeitig wirkt die CO2-Schneestrahlreinigung bakteriostatisch.
Das kristalline Kohlendioxid geht während der Reinigung vollständig in den gasförmigen Zustand über, weshalb das Reinigungsgut sofort trocken ist. Abgelöste Verunreinigungen werden durch die aerodynamische Kraft der Druckluft von der Bauteiloberfläche abgeführt und zusammen mit dem sublimierten Kohlendioxid aus dem Reinigungsmodul abgesaugt. Die Reinigung erfolgt materialschonend, so dass empfindliche und fein strukturierte Oberflächen ebenso behandelt werden können wie filigrane Strukturen, die beispielsweise additiv gefertigte Bauteile aufweisen.
 
Durch das gleichzeitige Kühlen und Reinigen mit CO2 bei der spanenden Bearbeitung von PEEK lässt sich die Spanentstehung signifikant verringern und die Zerspanungsgeschwindigkeit deutlich erhöhen. (Bild: acp)
 
 

Bei verschiedensten Aufgabenstellungen bewährt
Eingesetzt wird das «quattroClean»-Verfahren in der Medizintechnik für unterschiedlichste Aufgaben. Dazu zählt die Reinigung von Kunststoffgehäusen vor dem Beschichten und Lackieren. Das Verfahren ersetzt hier die traditionell eingesetzte nasschemisch Reinigung, bei der die Kunststoffteile eine mehrstufige Prozessabfolge durchlaufen, während der sie mit hohem Energieaufwand mehrfach erwärmt und wieder abgekühlt werden. Im Vergleich dazu beansprucht die kalte und trockene CO2-Schneestrahlreinigung deutlich weniger Produktionsfläche und sorgt für spürbare Einsparungen bei Investitions- und Betriebskosten.
Bei der Herstellung mikrofluidischer Lab-on-Chip-Systeme ermöglicht das Verfahren die Feinstentgratung und Reinigung von aus Kunststoff hergestellten, komplexen Spritzgussbauteilen. Ein weiterer Einsatzbereich ist unter anderem die Entfernung von Verunreinigungen aus Strukturen von aus PEEK additiv gefertigten Implantaten.
Der Hochleistungskunststoff ist auch Ausgangsmaterial von spanend hergestellten Implantaten und medizintechnischen Komponenten. Um die bei der Trockenzerspanung von PEEK entstehenden Späne und die daraus resultierende Nacharbeit für das Entgraten zu verringern, wird mit dem acp-Verfahren während der Zerspanung selektiv gekühlt. Dies wirkt dem Spanentstehen so effektiv entgegen, dass das manuelle Entgraten unter dem Mikroskop komplett entfallen kann. Noch anfallende Späne werden sofort durch die Reinigungswirkung entfernt. Darüber hinaus lässt sich durch die selektive Kühlung mit dem «quattroClean»-System die Zerspanungsgeschwindigkeit signifikant erhöhen, woraus eine deutliche Produktivitätssteigerung resultiert.
Das Kühlen mit CO2-Schnee besitzt darüber hinaus das Potenzial, neue Anwendungen mit PEEK zu eröffnen. Erste Versuche beim Schleifen des Kunststoffs haben ergeben, dass die gleichzeitige Kühlung eine Veränderung der Werkstoffeigenschaften ebenso verhindern kann wie die prozesszerstörende Ablagerung von Partikeln auf der Schleifscheibe.
 
Für die Reinigung in reinen Umgebungen können die Anlagen entsprechend der erforderlichen Reinraumklasse ausgelegt und ausgestattet werden. (Bild: acp)
 
 

Optimal an die Anwendung angepasste, validierbare Prozesse
Die Skalierbarkeit des Reinigungsverfahrens ermöglicht es, dieses einfach und platzsparend an unterschiedliche Anwendungen und Bauteilgeometrien für eine ganzflächige oder partielle Reinigung anzupassen. Die Prozessentwicklung erfolgt im Technikum von acp systems. Dabei werden alle Prozessparameter wie Volumenströme für Druckluft und Kohlendioxid, Strahlbereich und -zeit sowie Anzahl der Düsen durch Versuche exakt an das jeweilige Bauteil, die Applikation, die Materialeigenschaften sowie die zu entfernenden Verunreinigungen angepasst. Sie lassen sich als teilespezifische Programme in der Anlagensteuerung hinterlegen.
Die Stabilität der Schneestrahldichte ist einer der entscheidenden Parameter für die gleichbleibende Reinigungswirkung und damit Qualität des Reinigungsprozesses. Diese wichtige Einflussgrösse kann bei jeder einzelnen Düse während des Reinigungsprozesses mit einem innovativen Sensorsystem kontinuierlich überwacht werden. Es vergleicht den ermittelten Wert mit dem für das Bauteil in den Reinigungsversuchen definierten Reinigungsfenster, so dass ein unregelmässiger, zu schwacher oder zu starker Schneestrahl sofort erkannt wird und nur im definierten Prozessfenster gereinigte Teile die Reinigungsstation verlassen.
Gleichzeitig kann der an der Düse ermittelte Wert für das jeweilige Bauteil an eine übergeordnete Leitzentrale, in der alle Fertigungsdaten für ein Produkt hinterlegt sind, übermittelt und gespeichert werden. Dies ermöglicht nicht nur Aussagen, ob die Reinigung im definierten Fenster stattgefunden hat, sondern zum genauen Wert. Alle anderen Prozessparameter können für eine lückenlose Dokumentation und Nachverfolgbarkeit ebenfalls automatisch erfasst, gespeichert und an einen Leitrechner übergeben werden. Dies trägt nicht nur zu einer hohen Prozesssicherheit bei, sondern vereinfacht auch eine allenfalls erforderliche Prozessvalidierung bei einer benannten Stelle.
 
Bei der Reinigung von aus Kunststoff gefertigten Implantaten wird die «quattroClean»-Schneestrahlreinigung ebenfalls eingesetzt. (Bild: istock)
 
 

Massgeschneiderte Systemkonzeption – auch für reine Umgebungen
Die Anlagenkonzeption erfolgt entsprechend den kundenspezifischen Anforderungen mit auf Standardmodulen basierenden Komponenten als manuelle, teil- und vollautomatisierte «quattroClean»-Systeme. Standalone-Lösungen lassen sich dabei ebenso realisieren wie in Fertigungslinien und verkettete Produktionsumgebungen integrierte Anlagen.
Bei Anlagen für die Reinigung in einer reinen Umgebung erfolgt die Integration einer entsprechenden Aufbereitung für das flüssige Kohlendioxid und die Druckluft. Die Luftzufuhr, Absaugung und Ausstattung, beispielsweise Komponenten für die Automatisierung und deren Platzierung, werden jeweils auf die entsprechende Reinraumklasse abgestimmt. Durch optimale Strömungsverhältnisse wird der schnelle und zuverlässige Abtransport entfernter Verunreinigungen sichergestellt. Die Anpassung der Anlage an die kundenspezifischen Reinheitsanforderungen und räumlichen Gegebenheiten erfolgt durch unterschiedliche Lösungen, beispielsweise als Clean-Machine-Ausführung oder zur Anbindung beziehungsweise Einbindung in einen Reinraum.
Das breite Applikationsspektrum und die Möglichkeit, die Anlagen exakt an die jeweiligen Bauteilspezifikationen und Produktionsumgebungen anzupassen, ermöglichen eine prozesssichere und ­effiziente Reinigung medizintechnischer Produkte – auch unter der neuen Medical Devise Regulation (MDR).
 
acp systems AG
D-71254 Ditzingen
www.acp-systems.com
 
CH-Vertretung:
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