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29 may 2018 | La Revue POLYTECHNIQUE

Trommelanodisieren schafft Durchbruch in die Grossserie

Klaus Vollrath

«Wir haben vor drei Jahren die Rechte am Trommelanodisieren übernommen und diese Technik seither intensiv weiterentwickelt und optimiert», sagt Cedric Stalder, Vorarbeiter der Stalder AG in Engelburg. Anders als beim klassischen Eloxieren können die Teile dabei direkt als Schüttgut in trommelförmige Behältnisse gegeben und behandelt werden. Dies ermöglicht die Beschichtung von grossen Stückzahlen in kurzer Zeit und damit eine hohe Wirtschaftlichkeit. Das Verfahren eignet sich daher besonders für kleinformatige Massenteile in grösseren Stückzahlen bis hin zu Grösstmengen zum Beispiel aus den Bereichen Verschraubungen, Nieten oder Befestigungsmaterial.
 
Mithilfe des Trommelanodisierens in lebhaften Farben eloxierte Speichennippel für Fahrräder. (Bild: Klaus Vollrath)
 

 
Bezüglich der Bauteilform sind gewisse Beschränkungen zu beachten. Dies hängt von der Teilegeometrie ab: Während sich runde, zylindrische oder geometrisch komplexer geformte Bauteile in der Regel gut verarbeiten lassen, kann es bei flachen Teilen oder sonstigen Komponenten mit grösseren ebenen Flächen zu Problemen kommen, weil der Schichtaufbau bei solchen Geometrien manchmal gestört wird.

Cedric Stalder: «Wir beherrschen die gesamte Wertschöpfungskette einschliesslich der automatisierten 100 %-Qualitätskontrolle sowie verschiedene Varianten der Logistik und Vorratshaltung.»
(Bild: Klaus Vollrath)

 

Breite Palette an Farbtönen
«Mit unserem Verfahren können wir die gesamte Palette der für das Eloxieren marktüblichen Farben darstellen», freut sich Cedric Stalder. Neben dem üblichen Standardspektrum von leuchtendem Rot, Blau, Gelb oder Grün usw. sind auch eigene Sonderfarbtöne verfügbar, zum Beispiel auch zur Einfärbung der Teile nach individuellen Vorgaben.
Der Verfahrensablauf beim Trommelanodisieren gleicht vom Prinzip her dem klassischen Eloxieren. Der entscheidende Unterschied liegt im Verzicht auf die sonst erforderliche Vereinzelung auf Gestellen. Die als Schüttgut angelieferten Bauteile werden zunächst gereinigt und speziell vorbehandelt, bevor sie im Trommelanodisierprozess ihre Eloxalschicht erhalten. Danach wird diese in einem separaten Bad mit der gewünschten Färbung versehen und mit heissem Wasser verdichtet. Eine optionale Beschichtung mit einem Topcoat verleiht der Oberfläche nicht nur einen ansprechenden Glanz, sondern verbessert auch die Gleiteigenschaften für nachfolgende Verarbeitungsprozesse.
Der gesamte Prozessdurchlauf erfolgt sehr schnell: Zwischen Empfang und Versand der Teile vergehen meistens nur wenige Tage. Die Grösse der Fertigungslose bewegt sich in der Regel zwischen einigen 10‘000 und einigen 100‘000 Stück pro Auftrag. Von manchen Komponenten laufen inzwischen jährlich zweistellige Millionenstückzahlen durch.
 
Schrauben werden durch das Trommelanodisieren dekorativer und erheblich korrosionsbeständiger. (Bild: Klaus Vollrath)
 

 

Qualitätssicherung
«Bei der Weiterentwicklung des Verfahrens haben wir auch die Qualitätssicherung auf ein neues Niveau gehoben», ergänzt Cedric Stalder. Bei mittleren Stückzahlen erfolgt die Sichtprüfung von Hand. Die Hauptursache für Ausschuss sind kleinere Defekte der Eloxalschicht an den Berührungspunkten der Teile, weil sich dort die Schicht nicht so sauber ausbildet wie in den übrigen Bereichen. Da es solche Berührungspunkte bei Schüttgut grundsätzlich immer gibt, wird mit dem jeweiligen Kunden vorher abgeklärt, wieweit beziehungsweise in welchen Bereichen des Teils solche Fehlstellen tolerierbar sind. Aus der entsprechenden Diskussion ergibt sich auch, wie die gegebenenfalls gewünschte Qualitätsprüfung durchzuführen ist und welche Ausschusskriterien gelten.
Das Verfahren zeichnet sich durch eine hohe Prozesssicherheit aus. In vielen Fällen wie zum Beispiel bei Schrauben oder Hohlnieten spielen diese meistens kleinen «Stippen» sowieso nur dann eine Rolle, wenn sie sich in Bereichen befinden, die nach dem Einbau noch im Sichtbereich liegen.
 
Blick auf die Anlage für das Trommelanodisieren. (Bild: Maxsolution)
 
 

Automatisierte 100%-Prüfung
«Während wir bei kleineren Aufträgen Sichtprüfungen von Hand durchführen, setzen wir für die in Grossserie verarbeiteten Fahrrad-Speichennippel einen Hightech-Prüfautomaten ein», verrät Cedric Stalder. Das von Vester gelieferte System arbeitet mit mehreren Kameras, welche die Teile beim Durchlaufen einer Fallstrecke allseitig fotografieren und sowohl Oberflächendefekte als auch Geometrieabweichungen erkennen und Teile, die nicht in Ordnung sind, automatisch aussortieren.
Die Prüflinge werden als Schüttgut über eine Schwingrutsche zugeführt, über einen Wendeltopf vereinzelt und mittels eines Förderbandes zur Vorprüfung transportiert. Hier erfolgt die vollständige kameragestützte Kontrolle wesentlicher Geometriemerkmale wie zum Beispiel Länge, Durchmesser, Kopfform usw. Damit werden Verwechslungen, Fehlwürfe, verschleppte Teile sowie Fremdkörper erkannt und aussortiert. Anschliessend rutschen die Teile über eine stark geneigte Beschleunigungsstrecke und passieren im freien Fall drei im 120°-Winkel angeordnete Hochgeschwindigkeitskameras, so dass die gesamte Bauteiloberfläche erfasst und bewertet wird.
Oberflächendefekte werden mithilfe einer ausgefeilten Prüfsoftware erkannt und die Bauteile, die nicht in Ordnung sind, sofort nach der Kamerastrecke ausgeschleust. Hinter dem Prüfsystem landen die Gutteile dann in Kartons, die auf einem Rundtakttisch angeordnet sind. Nach genau 20‘000 Gutteilen im Karton wird der Tisch weiter getaktet, so dass die Anlage insgesamt 20 h mannlos durcharbeiten kann. Die Durchsatzleistung erreicht je nach Bauteil bis zu mehr als 7‘000 Stück/h. Die Anlage kann auch andere Geometrien verarbeiten, doch setzt die Umrüstung entsprechend hohe Stückzahlen voraus.
 
Mitarbeiter bei der manuellen 100 %-Sichtprüfung beschichteter Teile. (Bild: Klaus Vollrath)
 
 

Ausgefeilte Logistikleistungen
«Angesichts der teils riesigen Stückzahlen und zahlreichen Bauteilvarianten müssen wir auch vielfältige Logistik-Dienstleistungen erbringen», erläutert Cedric Stalder. Unterschiedliche Bauteilvarianten sowie die Vielfalt der Farbgebungs- und Beschichtungsprozesse und die von den Kunden gewünschten kurzen Reaktionszeiten erfordern den Einsatz eines ausgefeilten Warenbewirtschaftungssystems, das teilweise direkt mit den IT-Systemen der Kunden vernetzt ist.
Bei manchen Bauteilen übernehme und lagere man grosse Mengen unbeschichteter Rohteile und halte zugleich zugesicherte Mindestbestände an fertig beschichteter Ware vorrätig. So könne der Abnehmer auch bei wechselndem Marktgeschehen stets zuverlässig versorgt werden. Zusätzlich münden in diesen Logistikbereich für die gleichen Kunden auch noch Produktionsströme aus anderen Prozesspfaden ein, zum Beispiel Nippel aus Messing, die vernickelt und zum Teil zusätzlich schwarzverzinkt werden. Vielfach wünschen die Kunden auch noch weitere Dienstleistungen wie einen Hol- und Bringservice.
 
Die vollautomatische Vester-Anlage überprüft in einer ersten Station zunächst die Teilegeometrie und danach mithilfe von drei Kameras in 120°-Anordnung die gesamte Oberfläche; siehe Teilbildvergrösserung rechts unten. (Bild: Klaus Vollrath)
 
 

Beratungs- und Bemusterungsservice
«Die Bandbreite der von unseren Kunden gewünschten Leistungen nimmt vor allem im High-End-Bereich ständig weiter zu», bemerkt Cedric Stalder. Zunehmende Bedeutung gewinne darüber hinaus auch die Beratung. Da man im Unternehmen neben dem Trommelanodisieren sowie dem klassischen Eloxieren eine ganze Reihe weiterer Beschichtungs- beziehungsweise Veredelungsverfahren wie Verzinken, Verchromen, Vernickeln oder Verkupfern einsetze, verfüge man über ein breites Erfahrungswissen, so dass man den Kunden im Rahmen der Vorabberatung wichtige Hilfestellungen schon bei der Vorentwicklung neuer Produkte zukommen lassen könne.
Zudem sei man als Mittelständler ebenso flexibel wie innovativ und stets bereit, Sonderlösungen für spezielle Kundenwünsche zu entwickeln. Dabei stütze man sich auch auf ein Netzwerk verbundener Partner sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Bei Bemusterungen im Bereich des Trommelanodisierens verzichte man fallweise sogar auf eine Berechnung. Aufgrund der guten Rundumbetreuung wachse der Anteil europäischer Kunden am Umsatz kontinuierlich an und erreiche einen erfreulich grossen Anteil am Gesamtumsatz.
 
Computergestützte Schichtdicken-Prüfanlage zur automatischen Prüfung beschichteter Teile. (Bild: Klaus Vollrath)
 
 

Trommelanodisieren
Beim Trommelanodisieren erfolgt die Beschichtung nach dem gleichen Prinzip wie beim klassischen Eloxieren. Die dabei entstehende Aluminiumoxidschicht mit einer maximalen Dicke von 15 µm zeichnet sich durch eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit und die Vielfalt der erzielbaren Farbtöne aus. Verfügbar sind alle Standardfarben einschliesslich farbloser Beschichtung. Auf Anfrage sind auch alle Clariant-(Omya-)Farbstoffe möglich. Die Mindestmenge (Muster) liegt bei rund 1 dm3.
Verarbeitbar sind alle eloxierfähigen Aluminiumlegierungen. Bezüglich der Eignung angefragter Teile sind Aussagen in der Regel erst nach einer Bemusterung möglich. Die Verarbeitung der Teile als Schüttgut ermöglicht hohe Durchsätze mit entsprechend kurzen Durchlaufzeiten sowie günstigen Kosten. Dadurch können auch Kleinteile verarbeitet werden, für die das Eloxalverfahren bisher aus Kostengründen gar nicht infrage kam. Bezüglich der Werkstückgeometrien eignen sich vor allem runde beziehungsweise zylindrische Teile mit Durchmessern von 2 bis 8 mm und Längen von 2 bis 65 mm.
Aufgrund der gegenseitigen Berührung der Teile ist eine gewisse Fehlstellenquote nicht zu vermeiden, vor allem bei grösseren geraden Flächen. Dank ausgefeilter QS-Verfahren sind die externen Ausschussquoten dennoch minimal.
 
 
Stalder AG
Breitschachenstrasse 53
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